Oberhausen. 100 Zuhörer ließen sich von NRZ-Redakteur Matthias Maruhn in den Bann ziehen: Gelungene Premiere einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe von Stadtbibliothek und NRZ

„Eine Sternstunde“: Spontan brachte eine ältere Dame auf den Punkt, was 100 NRZ-Leserinnen und Leser am Mittwochabend in der Zentralbibliothek im Bert-Brecht-Haus miterleben konnten. Zum Auftakt einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe von NRZ und Bibliothek fesselte NRZ-Chefreporter Matthias Maruhn mit ausgewählten Reportagen aus zwei Jahrzehnten, die von beklemmenden Eindrücken aus Kriegs- und Krisengebieten bis zu humorvollen Selbstversuchen wie „Neandertaler für einen Tag“ reichten. „Lesen – Hören – Staunen“ war das Motto.

Ebenso charmante wie kompetente Unterstützung erfuhr der NRZ-Chefreporter dabei durch seine Frau Veronika Maruhn, die als ausgebildete Schauspielerin seine Reportagen stimmlich eindrucksvoll lebendig werden ließ, und Tochter Hannah, die die begleitenden Foto- und Filmsequenzen zusammengeschnitten und bearbeitet hatte.

Bedrückende Bilder aus Kabul

Wie zum Beispiel das Filmmaterial, das Maruhn vor einigen Jahren aus Kabul mitbrachte. Dorthin begleitete er einen Hilfseinsatz des Friedensdorfs, bei dem kriegsverletzte afghanische Kinder nach Deutschland geholt wurden, um ihnen hier medizinische Hilfe angedeihen zu lassen: Bilder von kleinen Kindern, durch Verletzungen, Amputationen und Verbrennungen gezeichnet. Verängstigte Kinder, die für ungewisse Zeit von ihren um Fassung bemühten Eltern Abschied nehmen.

Bildsequenzen, die nur schwer zu ertragen sind. Manch einen im Publikum ließen sie hörbar schlucken oder sogar mit den Tränen ringen: „Ich hab’ mich gezwungen, die Augen offen zu halten, auch wenn ich manches Mal lieber zur Seite geguckt hätte“, beschrieb ein Familienvater sein Empfinden.

"Lesen – Hören – Staunen" kommt gut an

Gut, dass der erfahrene NRZ-Mann für den zweiten Teil Leichteres im Lese-Gepäck hatte: Geschichten mit Augenzwinkern und voll Selbstironie, die der Zuhörerschaft manches leise Glucksen und manches lauthalses Lachen entlockten. Wie der Bericht über den schmerzhaften Abschied vom Rumpelfußball – weil nach und nach alle Knochen, Muskeln und Sehnen unmissverständlich auf ein Ende des geliebten Hobby-Kicker-Daseins drängten: „Kein Foul kann so brutal sein wie das Leben selbst.“

Matthias Maruhn, wie er einen Nachmittag lang als Steinzeitmensch mit Fell und Speer durchs Neandertal streift oder sich im Internet auf die Suche nach der kleinen Edith macht, die ihn Anfang der 60er Jahre beim Strandurlaub in Holland rustikal vom Gummi-Krokodil stieß: Die Mischung, die am Mittwochabend in der Bibliothek präsentiert wurde, traf den Nerv: zweieinhalb Stunden „Lesen – Hören – Staunen“ vom Feinsten.

Matthias Maruhn hatte "von jedem Thema etwas dabei" 

„Großartig“, dieses Urteil war immer wieder zu hören. „Man könnte ihm stundenlang zuhören“ waren etwa Klaus und Irene Kude vom Vortrag begeistert. Bei ihrer Lobeshymne hoben sie Maruhns besonderen Schreibstil hervor. „Der ist nicht so nüchtern, wie man ihn sonst oft aus der Zeitung gewohnt ist. Man merkt vielmehr, dass da auch ganz viel Herz drin steckt.“

Gerne hörten sie, dass Maruhn ein Buch schreiben will. Kein Wunder also, dass Klaus Kude direkt ein Versprechen abgab: „Sobald es erscheint, wird es gekauft.“ Er und seine Frau freuen sich immer wieder aufs Neue, Maruhns Reportagen zu entdecken.

Auch die langjährigen NRZ-Leser Brigitte und Günter Jungblut, Abonnenten seit 50 Jahren, sind auf ihre Kosten gekommen. „Als wir die Ankündigung gesehen hatten, haben wir sofort zum Hörer gegriffen und angerufen.“ Bereut haben sie ihr Erscheinen auf keinen Fall. „Es war wirklich von jedem Thema etwas dabei.“

Zentralbibliothek gefällt als Veranstaltungsort

Elke Petenek und Jürgen Kriens ist der Name Matthias Maruhn bereits seit Jahren geläufig. Gerade sein großes Themenspektrum überzeugt das Paar. „Ob das jetzt Geschichten aus den Krisengebieten dieser Erde oder doch persönlich angehauchte Erlebnisse sind. Er schreibt es immer so, dass man es auch lesen will.“

Gerda Wiemann empfand diesen Abend gar als eine „Sternstunde“. Nicht minder begeistert war ihr Mann Günter, der sich keinen Morgen ohne Blick in die Zeitung vorstellen kann. „Das gehört dazu.“ Ein besonderes Lob gab es von den Beiden für Veronika Maruhn. „Sie hat das ganz wunderbar gemacht und die Reportagen sehr schön vorgetragen.“

Außerdem hat ihnen die Zentralbibliothek als Veranstaltungsort sehr gefallen. „Es wirkt hier in der Bibliothek sehr hell und einladend. Ein schöner langer Boulevard der Bücher.“