Oberhausen.

Immer wieder wird den Kliniken vorgeworfen, viel zu viel zu operieren. Vor allem der künstliche Hüft- und Kniegelenk-Ersatz steht in der Kritik. Zu viel und zu früh werde hier operiert, meint Oberhausens AOK-Chef Hans-Werner Stratmann. Er bezieht sich auf eine neue Krankenkassen-Studie. 360 Operationen pro Jahr zählt die Abteilung für Orthopädie an der Helios St.-Elisabeth-Klinik. Wir wollen von Chefarzt Klaus Findt wissen:

Operieren Sie die Patienten, die zu ihnen kommen, viel zu häufig?

Klaus Findt: Selbstverständlich nicht. Richtig ist zwar, dass wir alljährlich rund 170 Hüft- und genauso viele Kniegelenkoperationen durchführen. Dazu kommen etwa 25 Operationen am Schultergelenk und bis zu acht am Sprunggelenk. Aber die Patienten, die zu uns kommen, haben bereits eine lange Leidensgeschichte hinter sich. Die meisten sind jahrelang konservativ behandelt worden, haben Physiotherapie und Krankengymnastik gemacht, Spritzen bekommen und Schmerztabletten geschluckt. Niemand unterzieht sich leichtfertig einem solchen Eingriff.

Sind die Patienten dann aber bei Ihnen im Krankenhaus, wird doch gleich das alte Gelenk ausgetauscht?

Findt: Wir untersuchen jeden Patienten vor einer Operation gründlich und klären immer auch eine mögliche Alternative wie eine arthroskopische Operation ab. Dabei wird eine Optik (Arthroskop) in das Gelenk eingeführt und der Gelenkinnenraum mittels einer Kamera auf einem Bildschirm dargestellt. Über weitere kleine Schnitte setzt der Operateur unterschiedliche Mikro-Instrumente ein, um den Schaden bzw. die Verletzung im Gelenk zu beheben. Doch manchmal kommen wir um einen Gelenkersatz nicht herum. Das ist häufig bei älteren Patienten der Fall, weil da der Verschleiß schon zu weit fortgeschritten ist.

Wie lange hält ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk?

Findt: Da die Technik immer ausgefeilter wird, inzwischen bereits bis zu 20 Jahre. Lockert sich das Gelenk, kann es ausgetauscht werden. Problematisch wird es aber bereits ab diesem zweiten Wechsel. Der Eingriff ist sehr aufwändig und das Ergebnis fällt nicht immer zufriedenstellend aus. Deshalb ziehen wir insbesondere bei jüngeren Patienten sämtliche Register, um schon die erste Gelenk-Operation so weit wie möglich hinauszuschieben.

Wie alt sind Ihre Patienten denn durchschnittlich?

Findt: Zwischen 60 und 70 Jahren. Aber auch der Anteil der über 80-Jährigen wächst kontinuierlich und liegt mittlerweile bereits bei geschätzten 20 Prozent. Die Menschen werden halt immer älter und sind dabei ansonsten noch recht fit. Das ist für uns übrigens ein Hauptgrund für die gestiegenen Operationszahlen, die die Krankenkassen kritisieren. Die alten Menschen heute wollen nicht mit Schmerzen auf der Bank sitzen. Sie wollen weiter radeln, walken, spazieren gehen und nutzen dafür die medizinischen Möglichkeiten, die es gibt. Würden Sie das nicht auch tun?