Oberhausen. Mehr als 600 Oberhausener stellen pro Jahr einen Antrag auf Verbraucherinsolvenz.Schuldnerberater kritisieren die nun beschlossene Reform als unzureichend

611 Oberhausener haben im vergangen Jahr einen Antrag auf Privatinsolvenz gestellt, weil ihre Einnahmen einfach nicht ausreichten, bestehende Zahlungsverpflichtungen zu bedienen. Eine nun vom Bundestag beschlossene Reform der Verbraucherinsolvenz soll diesen Menschen schneller als bisher die Chance zum Neustart geben.

Oberhausener Schuldnerberater üben jedoch Kritik. „Das ist allerhöchstens ein Reförmchen. 99,9 Prozent der Oberhausener, die in einer Verbraucherinsolvenz stecken, werden dadurch nicht besser gestellt“, führt etwa Karl Hörnschemeyer von der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werkes aus.

Experte hält Bedingungen für nicht leistbar

Grundsätzlich begrüßt Hörnschemeyer die Möglichkeit, dass Betroffene sich künftig bereits nach drei Jahren und nicht erst nach sechs Jahren von ihren Restschulden befreien lassen können. Doch sieht er die Bedingungen für eine sogenannte Restschuldbefreiung als zu hoch angesetzt.

„Das ist für den überwiegenden Teil der Personen nicht leistbar. Sie müssen nach der Reform mindestens 35 Prozent der Schulden sowie die Verfahrenskosten bezahlt haben, um in den Genuss des verkürzten Verfahrens zu kommen.“ Aus seiner Sicht geht die Reform darum am eigentlichen Ziel vorbei.

„Es muss an anderer Stelle angepackt werden.“ Eine Enteignung der Gläubiger will Hörnschemeyer jedoch vermeiden. „Gerade für die vielen kleinen Betriebe, die auf ihr Geld warten, wäre das tödlich.“ Er sieht aber die großen Geldhäuser in der Pflicht. „Die Banken müssen ihren Teil leisten, um die Situation der Schuldner zu verbessern.“

Stärkere Prävention

Hörnschemeyer spricht sich zudem für eine Ausweitung der Schuldnerberatung aus. „Es sollten deutlich mehr Stellen geschaffen werden, um die Betroffenen besser beraten zu können.“ Auch einen stärkeren Einsatz in der Vorbeugung würde er sich wünschen: „Es sollte bereits an den Schulen, vielleicht auch schon im Kindergarten, ein vernünftiger Umgang mit Geld und den Vor- und Nachteilen von Krediten vermittelt werden.“

Dagmar Kampmann von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Oberhausener Caritas teilt die Kritik an der Reform. „Das hat schon ein wenig Beigeschmack, da bis kurz vor dem Beschluss des Gesetzes noch eine Abzahlungs-Quote von 25 Prozent vorgesehen war.“

Beratungsstelle betreut jährlich etwa 300 Betroffene

Zwar sei die Möglichkeit einer kürzeren Verfahrenszeit eine deutliche Verbesserung, so Kampmann, „aber nur ein geringer Teil der Betroffenen hat ein geregeltes Einkommen, das ausreicht, die Schulden in dieser Höhe zu begleichen. Zumal ja auch noch die Verfahrenskosten oben drauf kommen.“

Im Bereich ihrer Beratungsstelle werden rund 300 Oberhausener pro Jahr auf dem Weg durch die Privatinsolvenz begleitet. „Nur knapp 30 Personen davon kommen ohne Sozialleistungen aus.“