Oberhausen. .
„Ratsuchende, die seit Jahren, teilweise schon seit Jahrzehnten, in ihrer Verschuldungsproblematik leben und nicht einmal ansatzweise wissen, wo sie Schulden haben, sind keine Ausnahme mehr in unserer täglichen Arbeit“, heißt es im Bericht der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werkes für das Jahr 2011. Verschuldungs-Zeiträume von bis zu zehn Jahren und mehr sind keine Seltenheit mehr, bilanziert Karl Hörnschemeyer, Leiter der Schuldnerberatung. Betroffen davon seien vor allem ALG II-Bezieher.
Insgesamt haben im vergangenen Jahr 947 Menschen die Hilfe der Schuldnerberatung gesucht. Das ist ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr mit 983 Beratungen. 759 Ratsuchenden konnte mit einer Kurzberatung von bis zu drei Stunden geholfen werden. Einen deutlichen Anstieg hingegen verzeichnete die Beratungsstelle bei den Langzeitberatungen aufgrund komplizierter Strukturen der Schuldensituation. Diese Zahl stieg von 121 im Jahr 2010 auf jetzt 188.
Die 947 Ratsuchenden haben insgesamt Schulden in Höhe von rund 27.250.000 Euro. Damit liegt die durchschnittliche Verschuldung bei rund 34.450 Euro. Insgesamt machten 6179 Gläubiger Forderungen geltend, im Schnitt also acht pro Ratsuchendem.
Haushaltsbuch führen
Die meisten Menschen, die sich an die Schuldnerberatung wandten, waren zwischen 40 und 49 Jahre alt. Mit 511 machen ledige, geschiedene oder verwitwete Personen den größten Anteil der Ratsuchenden aus. 331 Menschen, die Hilfe suchten, waren langzeitarbeitslos.
In ihrer Arbeit machen die Berater immer wieder die Erfahrung, dass „oft einfachste Fertigkeiten und Regeln vermittelt werden müssen“. Dazu gehöre beispielsweise das Führen eines Haushaltsbuchs. Zudem zeige sich immer wieder, dass die Entschuldung nicht zwingend über eine Insolvenz erfolgen müsse. Vielfach würden Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Die Schuldnerberatung schränkt aber ein: „Sehr problematisch sind in der Regel die Finanzämter und mit Einschränkungen die Krankenkassen als Gläubiger.“
Kritik an Dispo-Krediten
Der Einstieg in die Verschuldung geschehe, so Hörnschemeyer, oft schon in jungen Jahren: „Dafür sind die Dispo-Kredite mitverantwortlich, die Banken schon jungen Menschen gewähren, die kaum Einkommen haben. Kommt dann ein Kredit dazu, beginnt oft die Schuldenfalle.“
Hinzu komme das in der Gesellschaft insgesamt verbreitete Konsumverhalten, das oft junge Menschen zu Einkäufen über ihrem Budget und damit auf Pump veranlasse.
Problematisch sei zudem, dass viele Betroffene aufgrund fehlender Informationen keine Hilfe suchten. „Viele denken beispielsweise, sie könnten nur Insolvenz anmelden, wenn sie Arbeit haben. Das ist nicht so“, klärt Karl Hörnschemeyer auf.
Ausblick auf 2012
Im Ausblick auf das laufenden Jahr geht die Schuldnerberatung nicht von einer sinkenden Zahl Ratsuchender aus. Sie sieht keinerlei Anhaltspunkte dafür, „dass die Verschuldungssituation der Bürger in Oberhausen sich in den nächsten Jahren positiv verändern wird.“
In ihrer eigenen Bilanz für das Jahr 2011 weist die Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes einen Fehlbetrag von mehr als 8200 Euro aus. Die Zuschüsse der Stadt in Höhe von rund 129 800 Euro und die Förderung durch den Sparkassenfond (knapp 18 000 Euro) reichten 2011 nicht, um die Kosten – hierbei schlagen allein die Personalkosten mit rund 145 700 Euro zu Buche – zu decken. Karl Hörnschemeyer: „Diesen Fehlbetrag übernimmt der Träger der Schuldnerberatung, also die Diakonie im Evangelischen Kirchenkreis Oberhausen.“
Info: Diakonisches Werk des Ev. Kirchenkreises, Schuldnerberatungsstelle, Lothringer Str. 20, 46045 Oberhausen, Tel.: 807 020, www.kirche-oberhausen.de/schulden.htm