Oberhausen. 16 Unfälle verursachten betrunkene Fahrradfahrer in den vergangenen beiden Jahren. Vor Ort wird eine Herabsetzung der Promillegrenze begrüßt. Polizei kündigt verschärfte Kontrollen gegen Radler an, die andere Verkehrsteilnehmer gefährden.
Immer wieder verursachen alkoholisierte Radfahrer teils schwere Verkehrsunfälle. Allein in Oberhausen waren betrunkene Radler in den beiden vergangenen Jahren für insgesamt 16 Zusammenstöße verantwortlich. Jetzt sprechen sich die Innenminister der Länder dafür aus, die Promillegrenze für Radfahrer deutlich zu senken. Und wer sich trotz aller Warnungen unter Alkoholeinfluss in den Sattel schwingt, muss in Oberhausen künftig eher damit rechnen, erwischt zu werden. Denn die örtliche Polizei hat angekündigt, mit Kontrollen verstärkt gegen Fahrradfahrer vorzugehen, die andere Verkehrsteilnehmer gefährden.
Pro Monat ein betrunkener Radler
Laut Polizeistatistik verursachten alkoholisierte Radfahrer 2011 in Oberhausen sieben Verkehrsunfälle. So verursachte ein 61-jähriger Radfahrer 2011 einen Unfall mit fünf Autos, als er im Suff auf die Fahrbahn der Mülheimer Straße stürzte. 2012 gab es neun Unfälle mit alkoholisierten Radlern, darunter der des 45-Jährigen, der im Fußgängerbereich des Hauptbahnhof eine 33-jährige Frau anfuhr.
„2013 verzeichnen wir dagegen bis zum heutigen Zeitpunkt keinen Fall“, so Polizeisprecher Axel Deitermann. „Im Schnitt wird etwas mehr als ein Radfahrer pro Monat von Beamten wegen unsicherer Fahrweise angehalten und ein Promillewert von über 1,6 festgestellt.“
Dunkelziffer dürfte höher liegen
Die Polizei geht davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Eine Straße, an der sich Unfälle mit betrunkenen Radlern häufen, gibt es nach Deitermanns Auskunft nicht.
Künftig aber dürfte die registrierte Zahl der Fälle von Alkohol am Lenker in Oberhausen steigen. Denn die hiesige Polizei plant ganz unabhängig vom Thema Alkohol, ein stärkeres Augenmerk auf die Zweiradfahrer zu werfen. „Radfahrer müssen in Oberhausen mit deutlich mehr Kontrollen rechnen“, kündigt Deitermann an. „Es ist davon auszugehen, dass dadurch auch die Zahl der ausgesprochenen Strafen steigen wird.“
Mit 1,6 Promille kann niemand mehr sicher lenken
Die Verkehrswacht begrüßt unterdessen den Vorstoß der Innenminister, die Promillegrenze, ab der Fahruntüchtigkeit angenommen wird, zu senken: „Mit 1,6 Promille kann niemand mehr sicher Fahrrad fahren. Es war schon lange überfällig, dass sich die Politik dieses Themas annimmt“, sagt deren Vorsitzender Dieter Elsenrath-Junghans. Schon geringe Mengen Alkohol können, so Elsenrath-Junghans, die Fahrleistung beeinträchtigen.
Freiheits- oder Geldstrafe drohen
Wer alkoholisiert Fahrrad fährt und dabei andere Personen oder „fremde Sachen von bedeutendem Wert“ gefährdet, begeht nach § 315c des Strafgesetzbuches eine Straftat. Diese kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe sanktioniert werden.
Der Gesetzgeber hat keinen Promillewert für die Fahruntüchtigkeit festgelegt. Die Bewertung durch die Rechtsprechung, etwa durch den Bundesgerichtshof, sieht die Grenze bei Radfahrern bei derzeit 1,6 Promille.
Die Innenministerkonferenz plädiert nun dafür, diesen Wert zu senken. Im Gespräch ist nun ein Blutalkoholwert von 1,1 Promille, ab dem Fahrradfahrer als fahruntüchtig gelten sollen.
„Bereits ab 0,3 Promille im Blut schätzen Rad- wie Autofahrer Entfernungen und Geschwindigkeiten falsch ein. Im nächsten Schritt vermindert sich ab 0,5 Promille die Sehleistung und ab 0,8 Promille setzt der sogenannte ‘Tunnelblick’ ein.“ Bei einem noch höheren Blutalkohol-Level drohe sogar ein kompletter Kontrollverlust.
Auch ADFC will niedrigeren Wert
„Wir empfinden den bisherigen Grenzwert ebenfalls als zu hoch angesetzt“, sagt Burkhard Schmidt, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs in Oberhausen (ADFC). „Dieser Wert muss nun aber nicht unbedingt auf den für Autofahrer geltenden gesenkt werden.“
Schmidt sieht die Gefahr, dass durch eine zu starke Senkung des Wertes für Radfahrer die Hemmschwelle sinkt, sich doch noch hinters Steuer eines Autos zu setzen. „Von jemandem, der betrunken Auto fährt, geht eine höhere Gefahr aus als von jemandem, der mit dem Rad unterwegs ist.“ Trotz der Bedenken erhofft sich Schmidt eine Signalwirkung durch eine Senkung der Promillegrenze. „Nach ein paar Bier sollten sowohl Rad als auch Auto stehen bleiben.“