Oberhausen.
„Und los.“ Die Ansage von Fahrsicherheitstrainerin Maria Brendel-Sperling ist deutlich aus dem Funkgerät zu hören. Na, dann mal los. Jetzt lerne ich, voll in die Eisen zu gehen – aber richtig.
Kaum erreiche ich mit knapp 40 Stunden- kilometern die mit Wasser angefeuchteten Matten, da stehen sie auch schon: drei Pylone, die ich mit meinem Wagen umfahren soll. Vollbremsung, Lenkrad einschlagen, gegenlenken, zurück in die Spur – so die Theorie. Und die Praxis? „Tja Frank, das war nix. Viel zu viel gelenkt. Zwei Pylone hast du mitgenommen.“ Immerhin: Dank Automatik hab ich den Wagen nicht abgewürgt. „Beim nächsten klappt’s bestimmt.“
Immer beide Hände am Lenkrad
Das Fahrsicherheitstraining ist ein Angebot der Verkehrswacht Oberhausen. Vorsitzender Dieter Elsenrath-Junghans hat mich überzeugt, doch mal daran teilzunehmen. Slalomfahren, in einem möglichst engen Radius um einen aufgestellten Kreis fahren, Ausweichmanöver auf trockener und nasser Fahrbahn, mit und ohne Vollbremsung, das Reaktionsvermögen testen – der gut siebenstündige Kursus bietet eine Vielzahl an Trainingsmöglichkeiten. Konzentration ist dabei angesagt und immer schön beide Hände ans Lenkrad. „In Viertel -vor-drei-Stellung“, betont Brendel-Sperling. Wenn man bedenkt, wie oft man beim alltäglichen Autofahren in Gedanken oder abgelenkt ist – durch Musik, Gespräche mit dem Beifahrer oder Telefonate...
Mit einem Dutzend anderer Autofahrer mache ich also an einem sonnigen Samstag den Verkehrsübungsplatz der Verkehrswacht in Essen-Frillendorf unsicher, um sicherer zu werden. Und auch, um mal zu testen, wie sich das denn so anfühlt, wenn man voll in die Eisen gehen muss. Zuerst muss ich mich ein wenig überwinden, dann trete ich endlich richtig drauf, das Pedal unter meinem Fuß vibriert leicht. Komisches Gefühl.
Bremsweg steigt schnell an
Dank ABS (Antiblockiersystem), ASR (Antischlupfregelung), ESP (Elektronisches Stabilitäts-Programm) und was sich die Autohersteller noch so alles an technischen Finessen alles haben einfallen lassen, ist manches schon einfacher und sicherer geworden. Das hat aber leider auch dazu geführt, dass man sich und den Wagen überschätzt. Ein Training kann da nicht schaden. Marias Hinweise fruchten auch bei mir – allerdings erst bei meiner vierten Vollbremsung.
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Andere Teilnehmer sind da erst mal besser, elegant umfahren sie die aufgestellten Hindernisse. Oder sie sind vorsichtiger. Denn ob man mit 30 oder 40 km/h unterwegs ist, das ist schon ein deutlicher Unterschied. Auch wenn die Reaktionszeit dieselbe ist, der zurückgelegte Weg unterscheidet sich erheblich. Auf der Schablone, die Elsenrath-Junghans zu Beginn des Trainings ausgegeben hat, ist es deutlich abzulesen: Anhalteweg bei 30 km/h etwa 13,3 Meter, bei 40 km/h sind es schon 20 Meter. Und das auf trockener Fahrbahn. Bei erheblicher Nässe darf man noch gut fünf beziehungsweise sieben Meter draufrechnen.
Auf fünf Minuten kommt es nicht an
Unterschiede, die bei einem Unfall mit einem Fußgänger über Leben oder Tod entscheiden. Faustregel: Bei doppelter Geschwindigkeit vervierfacht sich der Anhalteweg. Ein Beispiel: Wer mit 50 km/h in den Stadt unterwegs ist, kommt nach 28 Metern zum Stehen. Was glauben Sie, mit welcher Geschwindigkeit man gegen einen Menschen prallen würde, wenn man an derselben Stelle abbremst, aber 60 drauf hat? „40 km/h“, sagt Maria Brendel-Sperling.
Gelernt haben wir an dem Tag ganz viel: Wie sich ein Auto in einer extremen Situation verhält. Wie der Fahrer reagieren sollte. Warum rasen tödlich sein kann. Mein Fazit: Ob ich fünf Minuten früher oder später zu Hause bin, seit Samstag ist mir das nicht mehr wichtig.