Oberhausen. Der Führerschein bedeutet für viele Senioren Unabhängigkeit, Mobilität und Mündigkeit. Doch ältere Autofahrer sind oft mit alltäglichen Situationen im Straßenverkehr überfordert, wie der schwere Unfall mit einem Kinderwagen in Oberhausen zeigt. Erneut wird nun ein Zwangstest für Rentner gefordert.
Ungläubig und mit Entsetzen beobachteten Augenzeugen, wie ein 81-jähriger Oberhausener mit seinem Opel gegen einen Kinderwagen fuhr. Der Unfall ereignete sich am Montagmittag auf der Weseler Straße. Dies teilte die Polizei am gestrigen Dienstag mit.
Das Auto rollte an der Ecke Alsfeldstraße trotz roter Ampel immer langsamer werdend auf den Fußgängerüberweg zu. Dort überquerte bei Grün für Fußgänger gerade eine 36-jährige Mutter mit einem Kinderwagen die Straße.
Die Zeugen sahen, wie der Opel-Fahrer mit Schrittgeschwindigkeit gegen den Kinderwagen stieß und dieser dann umkippte. Ein wenige Wochen alter Säugling stürzte heraus auf die Straße und verletzte sich schwer. Das Baby wurde ins Krankenhaus gebracht und blieb dort zur Beobachtung.
Den Führerschein abgeben?
Wie es dazu kommen konnte, ist nach wie vor unklar. Die Polizei wollte sich nicht dazu äußern, ob der Senior am Steuer zum Unfallzeitpunkt gesundheitliche Beschwerden hatte.
Dennoch wird der aktuelle Fall die Diskussion anheizen, ob Senioren im fortgeschrittenen Alter nicht freiwillig den Führerschein abgeben sollten. Oder der Gesetzgeber Zwangstests für Ältere einführen sollte. Von strikten Altersgrenzen für Fahrtauglichkeit hält Dieter Elsenrath-Junghans von der Oberhausener Verkehrswacht nicht viel: „Man kann die Frage nur individuell beantworten, aber ab einem gewissen Alter sollte man sie sich selbst ehrlich stellen.“
Senioren sollen zwar nicht zum Buhmann gemacht werden, findet Elsenrath-Junghans. Dennoch weist er darauf hin: Das Reaktionsvermögen, die Wahrnehmung im Straßenverkehr und die notwendige Beweglichkeit etwa für den wichtigen Schulterblick lassen mit zunehmendem Alter nach. Häufig würden auch die Nebenwirkungen von Medikamenten unterschätzt.
Ältere Menschen weichen auf weniger verkehrsreiche Zeiten aus
Die wenigsten Senioren, am seltensten unter ihnen die Männer, stellen sich allerdings diesen Problemen, trotz besseren Wissens, mahnt der Verkehrsfachmann: Denn instinktiv wichen ältere Menschen auf die weniger verkehrsreichen Zeiten aus, um der Überforderung zu entgehen.
„Der Führerschein ist heilig“, versucht der Verkehrswacht-Vorsitzende die Scheu zu erklären. Viel werde mit ihm verbunden: Mobilität, Mündigkeit, Männlichkeit. Der 71-Jährige fordert deshalb, dass Senioren das sensible Thema „Fahrtauglichkeit“ mit ihrem Arzt und einem Fahrlehrer besprechen. Noch hofft er auf Einsicht und Freiwilligkeit. Doch letztlich sei die Politik gefragt, Unwilligen per Gesetz nachzuhelfen, meint Elsenrath-Junghans.