Oberhausen. Die 2a der Rolandschule ist eine sehr lesefreudige Klasse. Jetzt hat sie auch den neuen Bücherschrank am Will-Quadflieg-Platz für sich entdeckt. Die NRZ hat sie dabei begleitet.

Luis (8) mag Piratengeschichten. Gerade erst hat er ein Buch ausgelesen, in dem Schiffsjunge Tom auf der Gräteninsel in einen aufregenden Piratenwettkampf gerät: „Das ist spannend. Und lustig auch“, resümiert der Zweitklässler – und ist dennoch bereit, sich von seinem literarischen Schatz zu trennen, um ihn gegen neuen Lesestoff einzutauschen.

Zusammen mit seiner ganzen Klasse, der 2a von der Rolandschule, hat er sich auf den Weg zum Will-Quadflieg-Platz gemacht, um den neuen öffentlichen Bücherschrank kennenzulernen.

„Chaos, Küsse, Reisefieber“

Wie das Ganze funktioniert, weiß er schon: „Man stellt da ein Buch rein, das man ausgelesen hat – und wenn man was Schönes findet, kann man sich das rausnehmen.“ Das hat Klassenlehrerin Ulrike Winbeck ihnen schon erklärt. Denn Leseförderung wird an der Rolandschule – und in der 2a im Besonderen – ganz groß geschrieben: Jeden Morgen ist erstmal zehn Minuten Lesen im selbstgewählten Buch angesagt, bevor der eigentliche Unterricht beginnt. An der Aktion „Leserabe“ der Stiftung Lesen macht die Klasse mit, hat eine eigene kleine Klassenbücherei – und zukünftig hoffentlich auch rege Besucher des Bücherschranks.

Die Premiere jedenfalls ist gelungen: Sofort tummeln sich alle um den Schrank und die, die schnell fündig wurden, ziehen sich zum Schmökern auf eine der umliegenden Bänke zurück, wie Klassensprecher Otto (7), der zielsicher zu „Traum-Berufe“ gegriffen hat, weil ihn die Fotos auf dem Umschlag gleich angesprochen haben – vor allem das mit den Fußball-Profis, denn das kann sich der Zweitklässler derzeit als berufliche Option für sich selbst sehr gut vorstellen. Im Training ist er schon: „Ich spiele in der F3 in Schönebeck.“

Nicht jedes Buch ist jugendfrei

Seine Klassenkameradinnen Lara und Luisa, 8 Jahre jung und Zwillingsschwestern, haben, wie die meisten ihrer Geschlechtsgenossinnen, eher Tier- und insbesondere Pferdegeschichten im Blick. Am Ende aber sind sie gefesselt von der pinkigen Aufmachung der „Young Love“-Reihe „Denise“. Auch Denef (8) steht der Sinn eher nach Romantik: „Chaos, Küsse, Reisefieber“, hat sie sich ausgesucht. „Das sieht so schön aus.“

An der Optik hat sich auch eine andere junge Dame aus der 2 a orientiert und zielsicher zum knallig-pink aufgemachten Bestseller „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche gegriffen. Das aber blieb von Stephanie Röder, einer Mutter, die den Lese-Ausflug begleitet, nicht unbemerkt: Diplomatisch hat sie das Interesse der Leseanfängerin auf kindgemäßere Werke umgelenkt – und die nicht jugendfreie Lektüre dahin gestellt, wo sie hingehört, ganz weit nach oben, für Kinderhände unerreichbar.

Ein richtig glückliches Händchen hat Luis (7) bewiesen: Stolz präsentiert er einen Band aus der bei Jungs beliebten „Greg’s Tagebuch“-Reihe: „Von Idioten umzingelt.“ Das hätte sich mancher seiner Mitschüler auch gern geangelt. Vielleicht beim nächsten Mal.