Oberhausen. Stetige Preiserhöhungen bei Strom und Erdgas drohen zunehmend Haushalte finanziell zu überfordern. 216 Euro mehr für Musterhaushalt. EVO-Chef Gieske warnt Bund: Energie darf nicht zum Luxus werden
Auf die Energieversorgung Oberhausen (EVO) rollt nach der Ankündigung einer bisher in dieser Stadt noch nie dagewesenen Strompreiserhöhung um über 10,5 Prozent eine Welle an Kritik zu. Am 1. Oktober hatte die EVO bereits ihr Gas für die diesjährige Heizperiode um 13,5 Prozent verteuert.
Im Jahr bedeutet das für eine Kleinfamilie Mehrkosten für eine warme Wohnung von 116 Euro und für Elektrizität von knapp 100 Euro.
Dieser Doppelschlag an höheren Energiekosten von über 200 Euro erbost viele Oberhausener Bürger: Sie erwarten von einer stadteigenen Firma mehr als stetige Preiserhöhungen. „Sieht so ein Dienstleister der Stadt aus? Ich werde meinen 15 Mietern raten, der EVO zu kündigen“, schreibt ein Leser wütend. Die EVO hat in den vergangenen fünf Jahren bereits 15.000 Stromkunden verloren und bedient „nur“ noch 115 000 Haushalte – eine Marktabdeckung von immerhin 90 Prozent.
Schon nach dem ersten WAZ-Bericht über die geplante „heftige Erhöhung des Strompreises“ Ende Oktober hatten Kunden die EVO-Beratungscenter bestürmt – in der Spitze mit 250 Anrufen.
EVO beteuert, keine Handhabe zu haben
Dabei beteuert EVO-Chef Gieske, keine Handhabe gegen die stetigen Verteuerungen zu haben. Gas koste halt im Einkauf deutlich mehr und beim Strom sorge die Politik für enorme Zusatzkosten – mit einer „zu schnellen und nicht ganzheitlich betrachteten Energiewende“ weg von Atomkraft- und Kohle-Strom hin zu Wind- und Solarenergie. „Energie darf nicht zum Luxusgut werden“, warnt Gieske Berlin. Nur noch ein Drittel des Strompreises könnten Stadtwerke selbst bestimmen, der Rest sei staatliche Vorgabe (Steuern, Netzpreise). „Ich befürchte, dass künftig immer mehr Haushalte den Strom nicht mehr bezahlen können“, sagt Gieske. Billigere Sozial-Stromtarife für Arme hält der EVO-Chef aber für falsch. „Das müssten ja alle anderen Stromkunden mitbezahlen. Das wäre ungerecht. Der Sozialausgleich müsste über den Staat erfolgen.“
Derzeit muss die EVO den Strom für Haushalte, die nicht mehr zahlen können, nur selten abschalten. „Wir versuchen das zu vermeiden“, sagt Vertriebsleiter Arnd Mucke. Aber mit immerhin 2800 Stromkunden musste die EVO Ratenzahlung vereinbaren, mit denen diese ihre Rechnung abstottern dürfen. 516 Arbeitslose traten ihre Rechte ab: Bei ihnen zahlt direkt das Jobcenter an die EVO die Stromrechnung. 560 Haushalte erhalten Strom nur noch mit einem Vorkassen-Zähler: Erst zahlen, dann Licht anmachen.