Oberhausen. .

Ingolf Willuweit lehnt sich entspannt zurück. Gelassen kann der Pädagoge heute sagen: „Ich habe es hinter mir.“ Der 50-Jährige war an Depressionen erkrankt. Jetzt machte er bei der Mood-Tour mit: „Um diese Erkrankung in die Öffentlichkeit zu rücken.“

Fast unwirklich kommt ihm die Zeit vor, in der er vorm Computer saß und recherchierte, wie er seinem Leben ein Ende bereiten könnte. Damals hatte er mit letztem Überlebenswillen den Weg zum Psychiater gefunden.

Die Mood-Tour 2012 ist in sieben Etappen aufgeteilt, führt 4500 km quer durch Deutschland und wird mit jeweils drei Tandems gefahren. Jedes Team besteht aus drei Menschen mit Depressionserfahrungen und drei weiteren ohne. Begleitet wurde die Fahrt von Forschern der Sporthochschule Köln und Ärzten aus Freiburg.

Knapp 300 Kilometer auf dem Tandem

Ingolf Willuweit wählte die dritte Etappe von Kempten nach Nürnberg und erlebte knapp 300 Kilometer, die ihn tief beeindruckten. Untergekommen seien sie immer. „Meistens klingelten wir an einem Bauernhof an und fragten, ob wir unsere Zelte auf einer Wiese aufschlagen dürfen“, erzählt Willuweit. Die Gastfreundschaft, die ihm und seinen Mitstreitern entgegenschlug, machte ihn fassungslos. „Wir bekamen Kaffee und sogar unsere Wäsche wurde gewaschen.“

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Gerne suchten die Gastgeber das Gespräch mit der Gruppe. „Eine Bäuerin erzählte uns, dass sie auch einmal an einer Depression gelitten habe.“ Ihr Mann sei sehr krank gewesen und sie hätte die ganze Arbeit alleine bewältigen müssen. Es sei mit dem Hof bergab gegangen. Aber sie machte trotzdem weiter. Ihr Fazit: „Man muss durch die Täler durch, das macht stark!“

Der Facharzt lag erst einmal in weiter Ferne

Auch die Begegnung mit einem Arzt in München hinterließ Spuren. „Facharzt zu werden, war sein Lebenstraum, doch dann musste er die Ausbildung abbrechen, weil er an Depressionen erkrankt war“, erzählt Willuweit. „Das Leben verläuft anders, als man will“, habe der Arzt gesagt und sich einen Neuanlauf in zwei Jahren vorgenommen. „Wie offen der Mann damit umgehen konnte, hat uns Mut gemacht.“

Der Höhepunkt der Tour sei für ihn aber der Empfang in Regensburg gewesen. „Die AOK, die die ganze Fahrt unterstützte, hat dort ein Fest auf die Beine gestellt – mit Infoständen und Sambaband.“ Überrascht habe ihn aber vor allem die Rede, mit der sich Regenburgs Bürgermeister Joachim Wolbergs dem Thema näherte. „Er sprach offen an, dass es alleine in Regensburg 7000 Betroffene gebe und auch in der Verwaltung immer wieder Menschen wegen dieser Erkrankung ausfielen.“ Viele Passanten seien stehen geblieben und hätten sich über ihre Tour informiert. „Da wussten wir, dass wir etwas erreicht haben“, sagt der Oberhausener stolz.