Oberhausen. .
Wer an einer psychischen Störung leidet, wird in Oberhausen häufig falsch diagnostiziert und behandelt. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsbericht der Barmer GEK hervor, der kürzlich in Berlin vorgestellt wurde. Dietmar Zehentner, Geschäftsführer der Barmer Oberhausen, warnt: „Wir brauchen dringend mehr niedergelassene Psychotherapeuten in dieser Stadt.“
Dem Barmer-Gesundheitsbericht liegen die Krankschreibungen von bundesweit über drei Millionen Versicherten zwischen 15 und 64 Jahren zugrunde. In Oberhausen ist jeder Sechste bei der Gesundheitskasse versichert (35 000, davon 21 000 Beitragszahler). Wenn sie vom Arzt als arbeitsunfähig erklärt werden, erhält die Kasse dazu die entsprechende Diagnose-Erläuterung. Über das Jahr 2010 erfasst hat die Barmer aus diesen Bescheiden nun eine Art Landkarte erstellt, die Auskunft über den Gesundheitszustand in den einzelnen Kommunen, aber auch über Lücken in der medizinischen Versorgung gibt.
Erkrankte müssen häufig Monate auf einen Termin warten
In Oberhausen werden demnach rund 21,5 Prozent weniger Menschen aufgrund von psychischen Störungen als arbeitsunfähig erklärt als in ganz Deutschland. Man wisse aber, dass in dieser Stadt ähnlich viele Menschen erkrankt seien wie in anderen Großstädten, sagt Zehentner – deutschlandweit soll allein die Anzahl erkannter Fälle von Depressionen seit 2007 um zwölf Prozent angestiegen sein, NRW liege noch einmal vier Prozent über dieser Steigerung, so Zehentner. Psychische Störungen machten 2010 fast 19 Prozent aller Krankschreibungen in NRW aus (Bund: 16,5).
„Weil in Oberhausen die niedergelassenen Therapeuten fehlen, müssen Erkrankte oft Monate auf einen Termin warten, geben schnell auf und werden eher wegen ihrer körperlichen Symptome als der eigentlichen Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben.“ In Mülheim, Essen und Oberhausen (Meo-Region) arbeiten nach Zehentners Angaben knapp über 100 Psychotherapeuten, in Oberhausen seien rund 20 Psychotherapeuten beschäftigt - die meisten von ihnen in Krankenhäusern. „Die Schwelle, sofort ins Hospital zu gehen, ist aber sehr hoch.“
Den Fachkräftemangel macht Zehentner auch daran fest, dass in Oberhausen überdurchschnittliche viele Menschen an Muskel- oder Skeletterkrankungen leiden. Auch damit fällt Oberhausen aus dem Landestrend.
Dafür gehen Diabetes-Zahlen zurück
In NRW werden verhältnismäßig wenige Menschen etwa wegen Rücken- oder Gelenkschmerzen krankgeschrieben; knapp 2,4 Prozent liege das Land unter dem Bundesdurchschnitt, so Zehentner. In Oberhausen sind es hingegen rund zehn Prozent mehr, zudem blieben Patienten oft länger krank: „Nur ihre Symptome werden therapiert, nicht allerdings die eigentliche Depression, die hinter den Schmerzen steckt.“
Positive Nachrichten gibt es aber auch: „Die Fallzahlen von Diabetes gehen in Oberhausen zurück.“ 2010 waren vier Prozent weniger Oberhausener aufgrund dieser Stoffwechselkrankheit arbeitsunfähig geschrieben als durchschnittlich in Nordrhein-Westfalen.