Jeder dritte Deutsche leidet an Sucht, Depressionen und Co.
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Dresden/Berlin. Jeder dritte Deutsche leidet an Depression, Angst, Sucht oder einer anderen psychischen Störung. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Technischen Universität Dresden. Das Fatale: Von den Erkrankten werden nur die wenigsten angemessen therapiert.
Ein Drittel aller erwachsenen Deutschen leidet an Depression, Angst, Sucht oder einer anderen psychischen Störung. Aber die wenigsten von ihnen werden angemessen behandelt. Das zeigt eine Studie von Psychologen der Technischen Universität Dresden im Rahmen des Deutschen Gesundheitssurvey. Die häufigsten Erkrankungen bei den Frauen sind demnach Angststörungen und Depressionen.
Bei Männern dominieren Suchterkrankungen, vor allem Alkoholsucht, gefolgt von Angst- und depressiven Störungen. Verglichen mit der letzten Erhebung aus dem Jahr 1998 sei das Ausmaß der psychischen Störungen in Deutschland unverändert groß, berichten die Forscher bei der Vorstellung ihrer Ergebnisse in Berlin. Frauen seien nach wie vor etwas häufiger betroffen. Allerdings werde der Unterschied zwischen den Geschlechtern geringer.
Erhebliche Folgen für die Gesellschaft
Trotz des hohen Leidensdrucks und der großen Menge Betroffener sei die Behandlungsrate erschreckend gering, berichten Studienleiter Hans-Ulrich Wittchen von der TU Dresden und seine Kollegen. Nur ein Drittel aller Betroffenen sei wegen ihrer Erkrankung jemals in medizinischer Behandlung gewesen. Unter diesen seien auch viele, die nur einmalig einen Arzt aufgesucht hätten oder die nicht bei einem auf psychische Erkrankungen spezialisierten Facharzt behandelt wurden. Die Forscher schließen daraus, dass offensichtlich nur wenige Betroffene so behandelt wurden, wie es ihre Krankheit erfordert hätte.
Phobien und Ängste
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Eine schlechte oder fehlende Behandlung habe erhebliche Folgen für die Erkrankten selbst, aber auch für die Gesellschaft. Denn psychische Störungen seien mit einem überaus hohen Risiko an Fehltagen und Krankschreibungen verbunden, berichten die Wissenschaftler. Jeder Betroffene sei im Monat vor der Befragung wegen seiner psychischen Störung drei bis vier Tage krankgeschrieben gewesen. Wenn verschiedene psychische Störungen zusammenkamen, hätten sich die Fehltage auf durchschnittlich 11,6 pro Monat erhöht.
Erkrankungen beginnen meist schon in jungen Jahren
Psychische Störungen treffen junge Menschen besonders häufig: Der Studie nach leiden 45 Prozent der 18- bis 35-Jährigen in Deutschland mindestens einmal im Jahr unter einer kurzzeitigen oder andauernden Erkrankungsepisode. Wie die Psychologen berichten, beginnen die meisten psychischen Störungen bereits vor dem 18. Lebensjahr. Würden sie dann nicht möglichst früh behandelt, könnten sie die Lebensqualität der Betroffenen über Jahrzehnte deutlich einschränken. Bei mehr als einem Drittel von ihnen sei dann ein chronischer Verlauf mit vielfältigen Komplikationen die Folge.
So sind zum Beispiel viele Menschen mit schwerer Depression sozial isoliert und können im Extremfall ihren Alltag nicht mehr bewältigen. Aus den Zahlen gehe hervor, dass Früherkennung und angemessene Frühinterventionen in Deutschland noch immer die Ausnahme seien, sagen die Forscher. Das betreffe insbesondere die Gruppe der 18- bis 35-Jährigen. Sie würden meist erst viele Jahre nach Krankheitsbeginn behandelt und erst dann, wenn die Grundstörung durch vielfältige Zusatzerkrankungen kompliziert werde.
Die Studie zur Häufigkeit der psychologischen Störungen in Deutschland ist Teil des vom Robert-Koch-Institut geleiteten Bundesgesundheitssurvey. Bei dieser Erhebung wird eine zufällig ausgewählte repräsentative Stichprobe von Menschen zwischen 18 und 80 ausgewählt - meist mehrere tausend Personen. Diese werden verschiedenen standardisierten körperlichen und psychischen Untersuchungen unterzogen und eingehend nach ihrem gesundheitlichen Werdegang befragt. Der letzte Survey dieser Art erfolgte im Jahr 1998. (dapd)
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