Oberhausen. . Als erstes Pfarrarchiv des Bistums Essen wurde das der Großpfarrei St. Marien von einer externen Firma erschlossen.

Wenn man nicht stets für alle Eventualitäten gerüstet ist, fehlt im entscheidenden Moment ein wichtiges Accessoire: Aber wer hätte auch gedacht, dass Christoph Moß vom Bistumsarchiv Essen gerade jetzt weiße Handschuhe gut gebrauchen könnte.

Moß hebt im Gemeindeamt der Pfarrei St. Marien vorsichtig ein zartes, leicht vergilbtes und von Hand dicht beschriebenes Blatt Papier hoch. Eine Urkunde von Papst Leo XIII. aus dem Jahr 1901. Papsturkunden gehören respektvoll behandelt, selbst wenn sie vergessen in verstaubten Akten nach langer Zeit vom Lauf der Geschichte wieder in die Gegenwart geschwemmt werden. Die Geschichte der Urkunde gehört zu der des Archivs der Großpfarrei St. Marien. Und dessen Geschichte nahm ihren Lauf als alte Akten aus 150 Jahren St. Marien zum Pilotprojekt geadelt wurden.

Papsturkunde entdeckt

Die Pfarrei St. Marien mit ihren Gemeinden Heilig Geist, Heilige Familie, Johannes Evangelist, St. Katharina sowie St. Michael nahm als erste des Bistums Essens einen Service in Anspruch, den das Bistumsarchiv seit 2011 anbietet. Das Archiv der Großpfarrei wurde von einem externen Dienstleister, der Firma „history today“, erschlossen. Kostenpunkt: rund 15.000 Euro, von denen das Bistumsarchiv 5000 Euro übernahm.

Durch die Erschließung des Archivs tauchten dann Schätze wie die Papsturkunde wieder auf. Die erlaubte übrigens dem damaligen Pfarrer, den Segen mit einem Kreuz in der Hand zu erteilen.

„Das wir so etwas in unserem Archiv haben“, wundert sich selbst Pfarrer Thomas Eisenmenger. Überrascht greift er auch zu dem Fotoalbum, das Bilder des ersten Gottesdienstes nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt. Eisenmenger selbst hatte auf die Erschließung des Archivs, zunächst durch St. Marien, hingearbeitet. „Ich habe vor 13 Jahren hier angefangen und das Pfarrhaus übernommen“, erinnert er. Er begann damals, dort aufzuräumen.

Nachdem er das Gröbste an Unterlagen aussortiert hatte, blieb ein Riesenberg an Akten übrig. Eisenmenger bat im Bistumsarchiv um Hilfe, weil er sich verpflichtet fühlte, die Dokumente zu erhalten. Eine Mitarbeiterin kam darauf einmal pro Woche. Als die Frau in Elternzeit ging, verfielen die Akten wieder in ihren Dornröschenschlaf, bis sich dann Jahre später, nach der Neustrukturierung der Gemeinden, die Möglichkeit zur Erschließung eines kompletten Archivs für die Großpfarrei ergab.

Säurefreie Mappen

Dabei rückten zunächst Mitarbeiter des Bistumsarchivs an, um vor Ort zu bewerten, was archivwürdig ist. Die ausgewählten Unterlagen wurden in 105 Umzugskartons nach Köln zu „history today“ transportiert. Dort wurden sie zunächst entgrätet, das heißt, von für das Papier schädlichen Materialien befreit - etwa Kunststoffen mit Weichmachern. Die Unterlagen kamen geordnet in säurefreie Mappen, die wiederum in graue Kartons.

In einem Findbuch, das „history today“ ebenfalls erarbeitete, lässt sich jetzt rasch eruieren, wo sich was befindet. Dabei sind die historischen Inhalte nicht nur für die Kirchengemeinde interessant. Die Geschichte von St. Marien ist untrennbar mit jener der Stadt verknüpft und das nicht nur weil beide in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag feiern. „Der Stadtarchivar begrüßt es sehr, dass unser Archiv erschlossen wurde“, sagt Eisenmenger.

Was sich so alles im Pfarrarchiv findet? Zu 50 Prozent vermögens- und gebäuderechtliche Angelegenheiten. Pfarr- und Ortsgeschichte. Ein kleiner Teil Personalangelegenheiten. Informationen über Seelsorge, Caritas, Mission oder Vereine. Ein bunter Strauß für geschichtlich Interessierte, die eingeladen sind, mit dem Archiv zu arbeiten. Zudem empfiehlt Christoph Moß auch den übrigen Oberhausener Pfarreien, ihre Archive auf Vordermann bringen zu lassen.