Oberhausen. Die Babcock Gießerei in Oberhausen ist in finanzielle Bedrängnis geraten und hat Insolvenzantrag gestellt. 110 Mitarbeiter sind betroffen. Noch in dieser Woche erhalten sie Insolvenzgeld. Die Beteiligten wollen aber nun alles tun, um das Traditionsunternehmen zu retten.

Zehn Jahre nach der spektakulären Pleite des Oberhausener Maschinen- und Anlagenbauers Babcock Borsig steht eine weitere frühere Tochter auf der Kippe: Die Babcock Gießerei GmbH hat Insolvenzantrag gestellt. Damit ist die Zukunft von 110 Mitarbeitern ungewiss. Das Amtsgericht Duisburg hat am Freitag den Duisburger Rechtsanwalt Sebastian Henneke zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, wie aus einer Gerichtsmitteilung hervorgeht. Das Unternehmen teilte am Montag mit: „Die Geschäftsführung strebt eine Planinsolvenz und somit die Fortführung des Betriebes in und nach der Insolvenz an.“

Am Montag informierten Henneke, Unternehmensführung und Gewerkschaft IG Metall die Mitarbeiter in einer außerordentlichen Belegschaftsversammlung über die Lage. Demnach geht die Arbeit erst einmal weiter: Der Insolvenzverwalter habe angekündigt, dass der Betrieb des Unternehmens aufrecht erhalten werden solle, sagte Betriebsratsvorsitzender Andreas Hahn der NRZ. Zudem werde sich Henneke darum kümmern, dass die Mitarbeiter nach Möglichkeit noch in dieser Woche Insolvenzgeld erhalten, hieß es.

In der Belegschaft „ist die Stimmung natürlich gedrückt“, so Hahn. „Ich bin aber optimistisch, dass wir eine Lösung finden.“ Die Belegschaft sei bereit, ihr Mögliches zur Rettung des Unternehmens beizutragen. „Was wir tun können, das machen wir.“

Finanzielle Bedrängnis

Um das 105 Jahre alte Traditionsunternehmen an der Duisburger Straße vor dem endgültigen Aus zu bewahren, wird nun ein Insolvenzplan-Verfahren angestrebt. Dabei soll sich die Firma anhand eines Insolvenzplans in Eigenregie unter der Führung des Geschäftsführers Peter Preusse selbst sanieren. Diesen Weg unterstützt die IG Metall: „Arbeit ist da“, sagte IG-Metall-Bevollmächtigter Peter Koppers. „Von daher ist die Lage nicht ganz hoffnungslos. Auch Aufträge stehen noch an. Es macht Sinn, über ein Planverfahren die Arbeitsplätze dauerhaft zu retten. Die Alternative wäre Insolvenzanmeldung und Schließung.“

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Wie er im Detail vorgehen will, ließ Rechtsanwalt Henneke gestern offen. Er zeigte sich aber „guten Mutes“, dass eine Sanierung gelingen kann. „Die Auftragslage ist gut. Die Produkte werden nachgefragt. Das Unternehmen hat seine Existenzberechtigung.“

Die Babcock Gießerei ist spezialisiert auf die Fertigung von komplexem, anspruchsvollem handgeformten Guss mit einem Stückgewicht bis maximal 40 Tonnen. Die Jahresproduktion betrage 8000 Tonnen. Das Unternehmen fertigt zum Beispiel Kompressorgehäuse für Verdichter, Getriebegehäuse für Antriebstechnik oder Rotornaben für Windräder. Zu Zeiten, als die Gießerei noch zu 100 Prozent zu Babcock Borsig gehörte, war der Mutterkonzern der Hauptauftraggeber. Mittlerweile gebe es aber einen breiten Kundenstamm, sagte Koppers. „Das ist ein guter Mix.“

Rückgang beim Bau von konventionellen Kraftwerken

Zuletzt litt die Firma aber etwa unter der Zurückhaltung beim Bau von konventionellen Kraftwerken. Die Babcock Gießerei ist nach eigener Darstellung insbesondere Lieferant von Gussteilen für die Energieerzeugung und -verteilung. Aufgrund von ausbleibenden Aufträgen für konventionelle Energieerzeugungsanlagen in den vergangenen zwei Jahren sei sie in finanzielle Bedrängnis geraten, hieß es in einer Mitteilung. Wichtigster Kunde ist der Duisburger Kraftwerksbauer Hitachi Power Europe.

In den vergangenen Wochen habe es intensive Gespräche mit Kunden, Lieferanten, Arbeitnehmervertretern und Gesellschaftern über die Verbesserung der Liquiditäts- und Kostensituation gegeben, so die Firma. Die finanziellen Zugeständnisse seien aber nicht ausreichend, um das Unternehmen in seiner jetzigen Form fortzuführen. „Im Ergebnis konnten wir nicht alle Beteiligten von unserem Sanierungsplan, trotz guter Auftragslage, überzeugen“, so Geschäftsführer Preusse. „Eine Insolvenz ist daher unausweichlich.“

Kurzarbeit im ersten Halbjahr

Im ersten Halbjahr habe es Kurzarbeit in dem Betrieb gegeben, sagte IG-Metall-Bevollmächtigter Koppers. Die Juli-Löhne, die nach einer Vereinbarung mit der Arbeitnehmerseite bis zum 15. August zu zahlen gewesen wären, stünden noch aus. Die wichtigste Aufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters sei jetzt, die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Mitarbeiter sicherzustellen. Das Insolvenzgeld, das den vollen Lohn umfasst, wird dann für maximal drei Monate gezahlt.