Oberhausen. . Immer wieder werden Menschen, die in ihren eigenen vier Wänden gestorben sind, erst nach Tagen oder Wochen entdeckt. Auch in Oberhausen gibt es solche Fälle. Nur selten ist Altersschwäche die Todesursache. Oft spielen Alkohol und Drogen eine Rolle.
Es ist glücklicherweise nichts Alltägliches, kommt aber doch immer wieder vor. Menschen sterben in ihrer Wohnung, ohne dass es jemand mitbekommt. Erst nach einigen Tagen, wenn penetranter Verwesungsgeruch oder übermäßig viele Fliegen die Mitmenschen alarmieren, rufen sie bei der Polizei oder Feuerwehr an.
Oft genug vergehen auch Wochen, bevor die Nachbarn merken, dass etwas nicht in Ordnung ist. Nur selten sind unter den Verstorbenen Menschen, die an Altersschwäche gestorben sind. Immer öfter findet die Polizei dagegen jüngere Männer, die mit einer Alkohol- oder Drogensucht zu kämpfen hatten.
Todesursache schwer zu ermitteln
„Ein sehr trauriges Thema“, sagt auch Hauptkommissar Herbert Lenhart, „wenn so etwas passiert, bedeutet es meist, dass sich für diesen Menschen keiner mehr interessiert hat.“ Mehr als 2500 Menschen sterben jedes Jahr in Oberhausen. In zehn Prozent der Fälle wird die Polizei eingeschaltet, weil die Todesursache unklar ist und möglicherweise ein Fremdverschulden vorliegt. Das passiert häufig bei verwesten Leichen, die bereits Tage, oft auch Wochen in einer Wohnung gelegen haben, weil sie schlicht unentdeckt blieben oder die Nachbarn sich scheuten, die Polizei zu rufen. Warum der Mensch hinter der verschlossenen Türe gestorben ist, kann dann allerdings nur noch schwer ermittelt werden.
Es hängt auch vom Wetter ab, ob Lenhart die Todesursache schnell feststellen kann. „Im Sommer werden Leichen zwar eher entdeckt, aber auch die Verwesung schreitet durch die Hitze schneller voran.“ Im Winter finden Polizei oder Feuerwehr meist Menschen, die bereits vor Wochen oder Monaten gestorben sind. Erst der eindeutige Geruch, den der Hauptkommissar als „schwer einzuordnen“ beschreibt, bewegt den ein oder anderen, die Polizei zu informieren. „Wenn die Leute etwas undefinierbares riechen, rufen sie meist erst die Polizei an.“
Todesursache bleibt oft ungeklärt
Wenn sich Herbert Lenhart sicher ist, dass der Mensch in der Wohnung tot ist, verständigt er die Feuerwehr und den Notarzt. Lenhart kommt erst wieder zum Einsatz, wenn die Todesursache ungeklärt bleibt, was des öfteren der Fall ist. Der hinzugezogene Notarzt kann nur den Tod bescheinigen, nicht aber die Ursache, da er die Patientengeschichte des Verstorbenen nicht kennt - demnach keine Krankheit als Grund nennen kann.
Das Ermittlungsteam inspiziert den Zustand der Wohnung, die Fenster und auch, wann die letzte Zeitung reingeholt wurde. „Ein Fremdverschulden darf nicht sofort ausgeschlossen werden.“ Dass es sich um Mord handelt, stellt sich aber nur in den seltensten Fällen heraus. Meist ist es eindeutig, dass der Mensch eines natürlichen Todes gestorben ist. Dennoch: „Selbst bei der 85-jährigen Großmutter müssen wir Ermittlungen einleiten, wenn der Tod plötzlich und ohne Krankheitsbild eintritt.“ Verwandte reagieren darauf oft mit Unverständnis, aber für Lenhart ist klar: „Das Leben ist das höchste Gut“, daher darf nichts von vornherein ausgeschlossen werden.
Briefkasten quillt über
Aber nur selten bleibt der betagte Rentner unentdeckt, vielmehr sind es Männer zwischen 50 und 60 Jahren, die mit einer Sucht zu kämpfen haben. „Alkohol ist ein ganz großes Thema“, sagt Lenhart. „Alkohol- und Drogensüchtige schotten sich teilweise bewusst von ihrer sozialen Umwelt ab.“
Mit bewusst meint Lenhart, dass Suchtprobleme und Verwahrlosung häufig einhergehen und der Mensch aufgrund von Scham Bekanntschaften scheut. „Dass der Betroffene dann manchmal Tage lang nicht gesehen wird und sein Briefkasten überquillt, ist für die Nachbarn nichts Besonderes.“ Dem Tod gehen meist bereits ein oder zwei Monate der totalen Vereinsamung voraus.