Rotenburg/Stade. . In Ostertimke fand der Ex-Lebensgefährte einer 43-jährigen Frau die stark verweste Leiche eines Säuglings.
Grausige Entdeckung im niedersächsischen Ostertimke: Beim Aufräumen auf seinem Dachboden ist ein 47-jähriger Mann in dem kleinen Ort bei Zeven im Landkreis Rotenburg auf die Leiche eines Babys gestoßen. Bei der späteren Suche mit einem Spürhund wurde ein weiterer toter Säugling aufgefunden. Die seit Jahren nicht mehr in dem Ort lebende Mutter räumte bei ihrer Vernehmung ein, noch ein weiteres Kind nach der Geburt im Freien abgelegt zu haben. Die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehl, die Frau sitzt seit Sonntag in Untersuchungshaft.
Dem ehemaligen Lebensgefährten der 43-Jährigen sei am Mittwoch letzter Woche Verwesungsgeruch auf dem Dachboden aufgefallen, sagte Oberstaatsanwalt Burkhard Vonnahme am Montag. Er sei auf den in Tüten eingewickelten Säugling gestoßen und habe die Polizei verständigt.
Bei den Kindern handele es sich um ein ausgetragenes Mädchen im achten oder neunten Schwangerschaftsmonat sowie einen weiteren neugeborenen Säugling noch unbekannten Geschlechts. Beide Kinder hätten vermutlich bereits seit mehreren Jahren auf dem Dachboden gelegen, weshalb sich die genauen Todesumstände schwer ermitteln ließen, sagte Vonnahme. „Wahrscheinlich sind die Kinder aber einfach nicht mehr versorgt worden“.
Gewissheit durch DNA-Abgleich
Die 43-jährige Tatverdächtige lebt nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Hessen und befand sich dort zur Behandlung in einer Klinik. Gegen sie wurde Haftbefehl wegen des Verdachts des dreifachen Totschlags erlassen. In ihrer Vernehmung räumte sie ein, die Kinder geboren zu haben. Endgültige Gewissheit darüber soll ein DNA-Abgleich bringen.
„Wir denken, dass die Ergebnisse in wenigen Tagen vorliegen“, sagte Vonnahme. Auch solle geprüft werden, ob ihr ehemaliger Lebensgefährte der Vater der Kinder sei. Noch sei aber völlig unklar, ob die Kinder überhaupt während des Zusammenlebens der beiden geboren wurden. Der Mann sei von dem Fund völlig überrascht gewesen.
Die Suche nach dem dritten angeblich abgelegten Kind blieb bislang erfolglos. An dem von der Frau angegebenen Ort nahe des Hauses sei keine Leiche gefunden worden, sagte Vonnahme. Die Frau könne sich allerdings auch nicht exakt an den Ort erinnern. Sie lebe in einer neuen Partnerschaft und habe noch weitere Kinder. „Für uns ist jetzt wichtig zu wissen, in welchen Umständen die Frau lebte, wann sie die Taten begangen hat und in welcher psychischen Verfassung sie war“, sagte er. Vermutlich sei sie mit den Schwangerschaften aber überfordert gewesen.
Angst vor Überforderung
In dem kleinen Ort wurde die Nachricht mit Entsetzen aufgenommen. „Ich bin selbst Familienvater und da ist es mir unbegreiflich, wie man so etwas tun kann“, sagte der Bürgermeister der Samtgemeinde Tarmstedt, Frank Holle. Eine solche Tat sprenge jede Vorstellungskraft.
Die niedersächsische Kriminologin Theresia Höynck versucht die Motivation der Mutter zu ergründen. Sie begründet die Tat mit der Angst der Mutter vor einer zukünftigen Überforderung. „Es ist die irrationale Angst, dem nicht gewachsen zu sein“, sagte die Wissenschaftlerin aus Hannover. Weil die Schwangerschaft in solchen Fällen lange verdrängt werde, versetze die plötzliche Geburt viele Mütter in Panik. Das Neugeborene werde dann spontan getötet und oftmals nur provisorisch „entsorgt“. „Es ist keine geplante Tötungshandlung“, hob sie allerdings hervor.