Oberhausen. . Das Geschäft mit dem illegalen Download: Wie sich Bürger vor Abzockern schützen können

Das Herunterladen und Weiterverbreiten von urheberrechtlich geschützten Musikstücken oder Filmen ist strafbar - die genaue rechtliche Lage aber umstritten. Eine Unsicherheit, die einzelne Unternehmer nutzen, um kräftig Geld zu scheffeln. Von ihnen beauftragte Kanzleien nötigen auffällig gewordene Internetnutzer zu dubiosen Zahlungen. Seitenlange Forderungen schüchtern sie ein. Die Verbraucherzentrale an der Lothringer Straße bietet umfangreiche Beratung und Hilfe bei Fällen von Abzockermaschen im Internet.

Beratung nach ominösem Brief

Ein Internetnutzer erhält einen Brief, der Inhalt ist schockierend: Eine Unterlassungserklärung soll unterschrieben, Anwaltskosten übernommen und Schadensersatz gezahlt werden, weil er illegal ein Lied aus dem Internet heruntergeladen hat. Ist sich der Benachrichtigte seiner Schuld auch bewusst, dies seien „zu hohe Ansprüche, besonders für Ersttäter“, sagt Angelika Wösthoff, Leiterin der Beratungsstelle.

Aus Angst gingen aber viele den Forderungen nach. „Man sollte sich unbedingt erst einmal beraten lassen, bevor ominöse Geldsummen an noch ominösere Anwaltskanzleien gezahlt werden“, rät die Verbraucherschützerin. Besonders Jugendliche gerieten schnell in Panik, wenn man sie des illegalen Downloads bezichtigt. „In 99 Prozent der Fälle hat der Ermahnte tatsächlich unrechtmäßig gehandelt. Die geforderte Summe ist jedoch nicht legitim“, sagt auch Rechtsanwalt Jens Kassen. Ob schuldig oder nicht: Den Brief wegwerfen, bringe aber gar nichts, außer noch mehr Ärger. „Der Empfänger eines solchen Briefes muss reagieren.“

Ungesicherte Netzwerke

Er beschäftigt sich mit den Fällen, die in der Verbraucherzentrale eingehen. „Es kommen auch Bürger in die Beratung, die sich unrechtmäßig beschuldigt fühlen. Dann stellt sich heraus, dass ihre kabellosen Internetverbindungen, sogenannte W-Lan-Netzwerke, ungesichert sind“, berichtet Kassen. Auch dann müsse der Betroffene reagieren. „Der Besitzer des Netzwerks haftet für alle Aktivitäten, die davon ausgehen.“

Kassen erzählt von einem speziellen Fall: „Der Besitzer einer Ferienwohnung hat jedem Mieter seine W-Lan-Kennung gegeben, um sich kostenlos ins Internet einwählen zu können.“ Das sei sehr leichtsinnig gewesen. Das Gleiche gelte auch für Erziehungsberechtigte, deren minderjährige Kinder illegal im Internet unterwegs sind: Eltern haften für ihre Kinder. „Wir helfen dem Angeklagten dabei, indem wir mit der zuständigen Kanzlei in Kontakt treten“, erklärt er.

Gegen eine Gebühr von 80 Euro setzt Rechtsanwalt Kassen eine sogenannte modifizierte Unterlassungserklärung auf: „Der Angeklagte versichert sozusagen rechtlich, etwas Derartiges in Zukunft zu unterlassen. Damit erkennt er die Ansprüche des Klägers aber nicht an.“ Trotzdem ist ein Gerichtsverfahren nicht ausgeschlossen. „Selbst wenn jemand unschuldig ist, ein Gegenbeweis, dass der illegale Download nicht getätigt wurde, kann kaum erbracht werden.“

Zahlungen ohne Nachfrage

Dass in den meisten Fällen nicht weiter geklagt wird, liegt vornehmlich an der Masse der verschickten Mahnungen. „Der Aufwand, den die einzelnen Kanzleien betreiben müssten, wäre zu gigantisch.“ Man hoffe einfach auf Zahlungen ohne große Nachfrage.

2010 wurden deutschlandweit 87.000 Abmahnungen verschickt. Seit April 2011 wandten sich allein in Oberhausen mehr als 100 Betroffene an die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale. Schützen können sich die Internetnutzer nur, indem sie auffällige Tauschbörsen, sogenannte Chart-Container, meiden. Angelika Wösthoff weiß: „Neue Filme oder Musik gibt es halt nicht umsonst.“