Oberhausen. . Sascha van den Akker weiß, wo man in Oberhausen besser nicht hingehen sollte, wenn man empfindlich auf Lärm reagiert. Der 35-Jährige erarbeitet für den zweiten Lärmaktionsplan eine Lärmkarte der Stadt.
Auf Sascha van den Akkers Computerbildschirm erscheint Oberhausen wie eine Ansammlung blauer Klötzchen auf weißem Grund, Hinter ihm hängt ein riesiger Stadtplan, auf den sich dutzende vierstelliger und fünfstelliger Ziffern quetschen. Beides gehört zu seinem Job. Denn aus diesen Zahlen kann van den Akker lesen, wie viele Fahrzeuge jeden Tag an der angezeichneten Stelle von Oberhausen entlang fahren. Der 35-jährige Diplom-Ingenieur braucht diese Daten, um eine Lärmkarte der Stadt zu erstellen, die man anschließend auch am Computer als 3D-Ansicht mit Bauklötzchenhäusern betrachten kann. All das ist nötig, um demnächst den zweiten „Lärmaktionsplan“ für Oberhausen zu verabschieden.
Zwar wurde im Rahmen des ersten Lärmaktionsplans von 2010 bereits eine Lärmkarte der Stadt erstellt - das neue Werk wird aber wohl deutlich umfangreicher . „In der ersten Phase mussten nur die Hauptverkehrsstraßen erfasst werden. Straßen also, auf denen pro Tag mehr als 16.000 Autos fahren“, erklärt van den Akker.
Detaillierte Lärmkarte
Für den neuen Plan werden jetzt auch alle Strecken erfasst, über die am Tag mehr als 4000 Autos fahren. Die Karte ist so genau, dass auch Straßen erfasst werden, über die im Schnitt nicht einmal drei Autos in der Minute fahren. Wird an einer dieser Straßen die, laut der Stadt zulässige, Lautstärke von 65 Dezibel für den gesamten Tag oder von 55 Dezibel in der Nacht überschritten, müssen dort Maßnahmen zur Lärmreduktion getroffen werden.
Wann es wo, wie laut ist, errechnet die Stadt mithilfe von Computermodellen. Mikrofone zur Lärmmessung braucht es also nicht. „Der Aufwand wäre gigantisch. Um die Werte zu bekommen, die wir brauchen, müssten wir an den betroffenen Straßen jeden Meter ein Mikrofon aufstellen - und das über einen Zeitraum von 24 Stunden.“ Anstatt dessen füttern er und ein Kollege das Computermodell ständig mit neuen Daten für die einzelnen Streckenabschnitte, um die Lärmbelastung zu ermitteln. Wichtigster Wert zur Errechnung der Lautstärke ist die Anzahl von Autos, die eine Straße pro Tag passieren. Diese Verkehrszahlen stammen aus der, zuletzt 2010 durchgeführten, bundesweiten Straßenverkehrszählung, bei der auch in Oberhausen der Verkehr an mehreren Straßen gemessen wurde. Ein Verkehrsmodell rechnet dann hoch, wie sich die Autos von dort aus auf die anliegenden Wege verteilen. Wichtige Faktoren dabei sind etwa die Lage von Wohngebieten und Einkaufszentren, die von den Fahrern angesteuert werden könnten.
Viele Faktoren sind wichtig
Aber nicht nur Fahrzeuge, auch die Art des Straßenbelags, die erlaubte Fahrgeschwindigkeit, oder eine Steigung, die für zusätzlichen Lärm sorgt, fließen in die Lärmberechnung mit ein. Auch die Gebäudehöhe, die Nähe der Häuser zur Fahrbahn und die Bepflanzung spielen eine Rolle. An die verschiedenen Informationen zu kommen, ist oft gar nicht so leicht, erklärt van den Akker: „Es gibt zum Beispiel kein digitales Verzeichnis der zulässigen Geschwindigkeiten in Oberhausen. Einige Werte sind nur in den Köpfen von Mitarbeitern.“ Und auch das Eisenbahnbundesamt sei nicht gerade pünktlich beim Abliefern seiner Daten zum Schienenverkehr. Bis die Lärmkarte fertig ist, wird es deshalb noch dauern: „Wir hoffen aber, dass bis Ende des Jahres alle Daten vorliegen“, sagt van den Akker. Die geplante Verabschiedung des zweiten Lärmaktionsplans im Sommer 2013 wird damit allerdings nicht mehr zu halten sein.
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Damit es leiser wird
Denn bevor Maßnahmen empfohlen werden, müssen die lärmenden Straßen besichtigt werden, außerdem sollen Bürger weitere Hinweise geben. Schließlich müssen Maßnahmen beschlossen werden. Möglich sind Flüsterasphalt, Fahrbahnverengungen, Dialog-Displays, die Fahrer auffordern langsamer zu fahren, bessere Radwege oder, im Extremfall, auch die Absenkung der Höchstgeschwindigkeit sowie Fahrverbote für Lkw. Maßnahmen kann die Stadt allerdings nur dort anordnen, wo sie auch zuständig ist. Wenn etwa eine Bahnstrecke oder eine Autobahn lärmen, sind die Bahn bzw. das Land NRW zuständig. Hier kann die Stadt nur Empfehlungen aussprechen.
Und selbst dort, wo die Stadt zuständig ist, wird es vielleicht nicht immer zur Ideallösung kommen. Die Kassen der Stadt sind bekanntlich leer. „Vielleicht wird es dann mal eher ein Dialog-Display, als Flüsterasphalt“, sagt van den Akker.