Oberhausen. . In Oberhausen sitzt der Taktgeber für die Energiewende in NRW: im „Zentrum für Umwelt und Energie“der Handwerkskammer Düsseldorf.
Wie ein Hort des Umsturzes sieht das unscheinbare Gebäude abseits der Mülheimer Straße nicht gerade aus. Dennoch gehe von hier gewissermaßen die Energiewende in Nordrhein-Westfalen aus, sagt Gabriele Poth, Leiterin des dort untergebrachten „Zentrums für Umwelt und Energie“ der Handwerkskammer Düsseldorf. „Wir sind der Taktgeber, wir entwickeln die Gestaltung.“
Moment mal: Das Handwerk als Speerspitze der Energiewende? Kommt es dabei nicht vielmehr auf die großen Konzerne an? Ohne sie, so könnte man schließlich meinen, wird es im Energieland NRW keinen tiefgreifenden Wandel geben. Ohne das Handwerk aber auch nicht, sagt Poth. Allein im Kammerbezirk Düsseldorf vertrete man 56 000 Betriebe. „Die Masse ist interessant. Das Handwerk kann selbst einsparen und ist außerdem eminent daran beteiligt, die Energiewende beim Kunden umzusetzen.“
Hier laufen die Fäden zusammen
Bereits seit 1990 arbeitet das Zentrum für Energie und Umwelt in Oberhausen an der Umsetzung dieses Gedankens. Zehn solcher Zentren gibt es in Deutschland, an der Mülheimer Straße laufen die Fäden zusammen. Auf Oberhausen kam man damals, weil neben Düsseldorf ein Standort im energieintensiven Ruhrgebiet gesucht wurde und die Stadt in der Wirtschaftsförderung gerade einen Schwerpunkt auf Umwelttechnik legen wollte. Seinerzeit entstand auch das Technologiezentrum TZU als Adresse für Gründer in dem Bereich. Wie viel von dem damaligen Konzept heute noch übrig ist, darüber kann man streiten. Das Umweltzentrum des Handwerks vis-a-vis des TZU jedenfalls ist geblieben.
Wie wirken Poth und ihre elf Mitarbeiter nun konkret mit an der Energiewende? Zum einen durch direkte Beratung von Betrieben darüber, wie sie sich in Sachen erneuerbare Energien aufstellen können. Zum anderen durch Weiterbildung – so bekommen Handwerker hier eine Zusatzausbildung zum „Energieberater“. Als solche sollen sie Haus- und Firmeneigentümern zur Seite stehen, die ein Gebäude energetisch sanieren wollen. Nicht zuletzt betreibt das Zentrum aber schlichtweg auch Politikberatung und Lobbyarbeit.
Bemühtes Zentrum
„Wir bringen Vorschläge ein, zum Beispiel eine reduzierte Mehrwertsteuer auf Baumaßnahmen zur Energieeffizienz, wie es sie in Neuseeland gibt“, sagt Poth. Doch auch vor Ort ist das Zentrum bemüht, für ein handwerkerfreundliches Klima zu sorgen. „Wir fragen: Was können wir den Kommunen anbieten, um sie fit zu machen für die Energiewende? Viele Städte haben sich bereits auf den Weg gemacht – auch ohne Gesetz.“
Was Poth anspricht, ist das geplante NRW-Klimaschutzgesetz der früheren rot-grünen Minderheitsregierung, das durch die Auflösung des Landtags und die Neuwahlen länger auf Eis lag. Der Entwurf sieht vor, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 25 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zu reduzieren – ein ehrgeiziges Unterfangen, denn das Industrieland Nordrhein-Westfalen ist in Deutschland zwar Energieproduzent, aber auch -verbraucher Nummer eins. Und viel getan in Sachen Klimaschutz hat sich an Rhein und Ruhr noch nicht. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien hinkt man hinterher und auch die Quote energetischer Sanierungen ist gering. Man könnte sagen: Die Energiewende hat hier noch gar nicht angefangen.
„Es ist vieles in Bewegung“
Poth sieht das ein wenig anders. „Es ist vieles in Bewegung, ein Bewusstseinswandel findet statt.“ Musste die politische Hängepartie denn nicht gerade bei kleinen Handwerksbetrieben zu enormer Zurückhaltung führen? „Natürlich gab es eine gewisse Verunsicherung“, sagt Poths Stellvertreter Volker Becker. „Auch weil Förderbedingungen oft wechselten. Da war keine Verlässlichkeit gegeben.“ Zugleich zweifele aber niemand daran, dass ein Klimaschutzgesetz in der geplanten oder ähnlichen Form kommen wird. Poth: „Keine Landesregierung kann es sich erlauben, darauf nicht abzuheben.“ Und dann, daran lässt Poth keinen Zweifel, wollen sie und ihr Oberhausener Zentrum ganz vorne mitmischen.