Oberhausen. . Ein Schulleiter empört über Äußerungen von Simone-Tatjana Stehr in der WAZ. CDU-Frau forderte Schul-Engagement bei Debatten-Wettbewerb, den sie selbst organisierte. Jetzt schlagen die Lehrer zurück: „Im eigenen Interesse hätte Frau Stehr ihre Rhetorik zügeln, ja besser noch schweigen sollen.“
Die Oberhausener Schulleiter wehren sich gegen die Vorwürfe von Simone-Tatjana Stehr. Die CDU-Ratsfrau und Landtagskandidatin hatte die Pädagogen ins Visier genommen, weil sie ihre Schulen nicht beim Wettbewerb „Jugend debattiert“ anmeldeten. Stehr organisiert den Wettbewerb mit.
Die ganze Aktion erinnere doch an Ex-Kanzler Schröders Stammtischspruch von den Lehrern als „faule Säcke“, schreibt der Alt-Oberhausener Gesamtschul-Leiter Karl-Heinz Burkart in einem Leserbrief an unsere Zeitung. Burkart bekräftigt in seiner Funktion als Sprecher der weiterführenden Schulen, dass Argumentieren täglich im Unterricht geübt werde. So sei „die Meinung Frau Stehrs zum Engagement Ihrer Kolleginnen und Kollegen nicht nur sachlich falsch, sondern auch oberlehrerhaft und anmaßend!“
"Man kann nicht bei jedem Projekt mitmachen"
„Wir haben Wahlkampf. Ich finde, dass der nicht auf dem Rücken der Schulen und Schulleiter ausgetragen werden darf“, sagt Michael von Tettau. Der Leiter des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums hat wenig Verständnis für Stehrs Universalkritik. „Man kann nicht bei jedem Projekt mitmachen“, sagt von Tettau. Der Wettbewerb sei gut, aber auch nur einer von vielen. „Frau Stehr müsste wissen, wie viele Angebote die Schulen bekommen.“ Die 42-Jährige ist selbst Lehrerin und in der Referendar-Ausbildung tätig.
Ähnlich reagiert die Fachschaft Politik und Sozialwissenschaften des Elsa-Brändström-Gymnasiums. Die Lehrer um Schulleiterin Brigitte Fontein haben einen offenen Brief an Stehr formuliert: „Es wird der Eindruck erweckt, die Oberhausener Schulen [...] hätten keine engagierten, insbesondere Politik-, Lehrerinnen und Lehrer.“ Gerade erst hätten wieder zwei Klassen in Sachen Politik abgeräumt. „Beide Klassen gehen im Mai auf Klassenfahrt [...], wo die 9b übrigens von Ihrer Parteifreundin Angela Merkel [...] empfangen wird.“
Die Liste der Wettbewerbe ist lang
Schulsprecher Burkart erinnert an die Wahlen zum Jugendparlament, die gerade laufen: „Ein Projekt, das praktische kommunale politische Beteiligung der Jugendlichen Oberhausens konkret umsetzt und sicherlich für Jugendliche in Oberhausen wichtiger ist als die abgehobene Debatte eines Rhetorikwettbewerbs.“
Die Liste der Wettbewerbe, an denen Oberhausener-Schulen beteiligt sind, nimmt tatsächlich kaum ein Ende: Karl-Heinz Burkart nennt zahlreiche fachübergreifende Aktionen. Er wirft Stehr vor, erst für den Debatten-Wettbewerb kaum Werbung betrieben zu haben und jetzt auszukeilen. „Im eigenen Interesse hätte Frau Stehr ihre Rhetorik zügeln, ja besser noch schweigen sollen und ihre Arbeitskraft für ein besseres Zusammenwirken verwenden können.“
"Noch mehr Belastung geht nicht."
Andere kritisieren den Debatten-Kampf als Gymnasiasten-Veranstaltung. Schulleiterin Erika Ilgen (Friedrich-Ebert Realschule) meldete ihre Schule nicht bei „Jugend debattiert“ an, weil sie die Schüler nicht frustrieren wollte. „Die Schuhe sind drei Nummern zu groß“, sagt Ilgen. „Das Debattieren fällt unseren Schülern ohnehin schwer.“ Viele Schüler hätten Sprachdefizite. „Man muss den Schülern auch eine Chance einräumen.“ Die Erfolgsaussichten für ihre Schützlinge seien bei mathematisch-naturwissenschaftlichen Aktionen größer. „Dinge, die man mit den Händen begreifen kann.“ Wenn sich dann aber einmal Erfolg einstelle, seien alle so Feuer und Flamme, dass Zeit keine Rolle mehr spiele.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) greift in die Debatte ein. „Die Kollegen sind sehr engagiert“, sagt die Vorsitzende Conny Schiemanowski. Für mehr Wettbewerbe fehle Zeit: „Noch mehr Belastung geht nicht. Zu viel ist zu viel.“