Oberhausen. . Im Zentrum für Lehrerausbildung fand der Schülerwettbewerb „Jugend debattiert“ statt. 64 Schüler der Klassen 8 bis 13 tauschten Argumente aus. Streng nach Zeitvorgabe und deutlich fairer als in mancher Fernseh-Talkshow.

Klick! Die Zeit läuft und Max ist kaum zu bremsen. Er wettert los: Die stillen Feiertage seien nicht mehr zeitgemäß. Und der Innenminister müsse einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung in den Landtag einbringen. Patsch. Patsch. Patsch. Der ­16-jährige Gymnasiast rattert seine wohlformulierten Forderungen ‘runter wie ein Staatsanwalt vor Gericht die Anklage. Zwei Minuten Redezeit sind abgelaufen. Bing! Der junge Essener hat eine Punktlandung hingelegt.

Max hat gerade die Debatte in Saal elf eröffnet. 64 Schüler kämpfen im Zentrum für Lehrerausbildung mit Worten um den Zwischen-Sieg beim Wettbewerb „Jugend debattiert“. Acht Gewinner kommen ins Landesfinale, das am Montag in Düsseldorf stattfindet. In einem Trainingslager durften sich die Schüler, die zu bundesweit 135 000 Teilnehmern gehören, auf die Landesqualifikation vorbereiten.

Nicht unbedingt die eigene Meinung vertreten

In seiner Vierergruppe vertritt Max mit Tanja die Pro-Seite. Jill und Amelie müssen (unabhängig von der echten eigenen Meinung) Contra geben. Jill aus Radevormwald geht gleich zum Angriff über. Die 17-Jährige zitiert das Grundgesetz. Da heiße es doch, dass der Staat die Religionsausübung möglich machen müsse. „Wenn jemand Karfreitag trauern möchte, dann sollte er das tun.“ Jill und Amelie vertreten die konservative Seite.

Das sei doch alles kein Problem, sagt die 15-jährige Tanja. Die Kölnerin wechselt dem Ablaufplan folgend wieder auf die Pro-Abschaffen-Spur. „Stille Feiertage sollen doch nur den gesetzlichen gleichgesetzt werden.“ Mit dem neuen Argument gibt sie der Debatte eine neue Richtung. „Wenn man nur auf ein Ja oder Nein aus ist, ist die Diskussion schnell vorbei“, sagen die Schüler später.

Einen Trumpf parat

Amelie aus Düsseldorf hat noch einen Trumpf parat. Das jüdische Neujahrsfest sei ja auch ein stiller Feiertag, der von allen respektiert werde, erklärt die 14-Jährige und erkennt genau, dass sie dabei eine Wissenslücke ihrer Gegner aufgetan hat. Dazu kann jetzt keiner mehr etwas sagen.

Es fliegen noch jede Menge Teenager-untypische Begriffe durch den Raum: Postmoderne! Pluralistische Gesellschaft! Diesbezüglich! Was sagen denn die Mitschüler? „Manche finden es verrückt, dass ich mich auf solche Themen vorbereite“, sagt Amelie, die in einigen Momenten Züge einer Profi-Politikerin durchblicken lässt. Tanja sagt, dass sie sich sonst nicht so häufig mit Feiertagsruhe und Co. beschäftige. „Ich bin eher unpolitisch.“ Ihre Lieblingspartei kenne sie aber ganz genau. „Aber bitte nicht schreiben.“

Nach 24 Minuten ist Schluss

Die Debatte hat mittlerweile an Fahrt verloren. „Wir haben uns im Kreis gedreht“, sagt Tanja hinterher. Es geht noch einmal um freie Entfaltung, Grundrechte und die Rückbesinnung – hin zur eigenen Kultur. Max bricht mitten im Satz ab, gibt an die Gegenseite weiter. Denen fällt auch nichts mehr so richtig ein. In der Abschlussrunde tauschen alle noch einmal die bekannten Argumente aus. Nach 24 Minuten ist Schluss.

Jetzt ist die Jury dran. Die vier Lehrer (ebenfalls aus ganz NRW zusammengetrommelt) haben die ganze Zeit mitgeschrieben, Punkte verteilt. Die Pädagogen ziehen sich zur Beratung zurück. Tanjas Freundin Kübra hat alles beobachtet. Sie erkennt keinen klaren Sieger. „Schwer zu sagen.“

Der Schluss war nicht richtig gut

Auch die Jury legt sich nicht fest. Ja, die Diskussion sei zum Ende nicht richtig gut gewesen. Es gibt trotzdem Lob und Tipps. Die Schüler erfahren ihre Punkte nicht. Am Ende des Tages wird ausgewertet.

Nur gut 20 Minuten Pause. Dann geht es weiter. Diesmal mit einem anderen Thema und einem anderen Partner. Tanja muss über die Abschaffung von Antibiotika in der Tiermast reden. Ausreichend Argumente dürften ihr einfallen: „Ich bin Vegetarierin.“