Oberhausen. Wofür stehen die Piraten in Oberhausen? Sie sagen: In erster Linie für das Prinzip „Hoffnung“ auf eine andere Polit-Kultur.
Plötzlich ist der Bürger wieder im Gespräch der Parteien, ganz nah wollen rot, grün, gelb und schwarz ihm sein. Sie suchen ihn auf Facebook und Youtube, wollen wissen, was ihn bedrückt, ihn auch mal mitbestimmen lassen. „Wenn wir dieses Umdenken in der Politik erreicht haben, ist das schon unser erster Erfolg“ – das sagt Daniel Düngel, ein Pirat und Direktkandidat in Oberhausen.
Die Orangen stechen in NRW mit „Mitmachkultur“ und „Schwarmintelligenz“ in See, das wird auch ihre erste Bewährungsprobe für die Kommunalwahl 2014. Im Schlepptau haben sie alle diejenigen, die von der Politik enttäuscht sind, die sich bislang vom Parteiklüngel abschrecken ließen, oder trotz politischen Engagements kaum gehört wurden.
Direktkandidat Düngel ist dafür ein typisches Beispiel: Der Versicherungskaufmann hat „alles schon gewählt, bis auf CDU und rechts“, politisch aktiv wurde er jedoch erst als er zur EU-Wahl 2009 auf die Piraten traf. „Die Offenheit interessierte mich.“ Die Oberhausener Gruppe traf sich im „Transatlantik“, inzwischen kommen sie ein Mal im Monat im „Gdanska“ zusammen.
„Piratig“ sein will neuerdings jeder
Die Freibeuter-Gemeinschaft wuchs. „Piratig“ sein, will neuerdings jeder. Dabei ist nicht mal richtig klar, wohin der Kahn steuern wird. Doch das Mitreden können auf Augenhöhe mit den Parteivorständen, ohne dass auf Status und Aussehen geachtet wird – das hat alle beeindruckt, die am Dienstagnachmittag im Gdanska zusammentreffen.
„Wir sind eine Art organische Demokratie“, meint Andreas Ronig. Obwohl aus einer konservativ wie auch links-orientierten Familie, konnte er mit den etablierten Parteien nichts anfangen. „Ich bin ein Zweifler“, sagt er. „Du bist piratig“, meinten andere. Also schaute er sich’s an – „ich bleibe aber skeptisch.“
Über viele Themen diskutiert man noch im „Piratenpad“ und beim „Mumblen“ – dem Chat der Piraten: Zum Beispiel das Theater in Oberhausen abzuschaffen und das Geld in freie Künstlergruppen zu stecken. „Das ist kein fertiger Beschluss“, warnt Düngel davor, jede öffentliche Diskussion unter Piraten gleich programmatisch zu verstehen. „Wir sind angreifbar, weil wir so ‘dumm’ sind, alles gleich offen zu legen.“ Abwägig wäre es aber nicht: In Berlin wollte man zumindest eine von drei Opern streichen. „Es widerspräche unserem Landesprogramm“, beruhigt Düngel.
Entscheidungen werden in Arbeitskreisen getroffen
Was dort gefordert wird, muss in NRW eben nicht gemacht werden. Entscheidungen werden in Arbeitskreisen getroffen, so Düngel, in Gremien wird entschieden, ob etwas „piratig“ ist.
Womit kann man als Wähler dann rechnen? Zunächst einmal mit der Opposition im Landtag, denn die Piraten sehen „wenig Masse für eine Koalition“, glaubt Düngel. „Wir werden uns aber konstruktiv beteiligen.“ Und das bedeutet auch: keine Fraktionszwänge. „Wir werden Idealismus in den Landtag bringen“, zeigt Düngel politisches Selbstbewusstsein: „Lernt ihr von uns, wie wir uns Politik vorstellen.“