Oberhausen. Wie eine sechsköpfige Familie in prekärer Situation eine dringend nötige Kur erstreiten musste.
Walburga Stortz bringt’s auf den Punkt: „Wenn die Seele mit vielen Sorgen belastet ist, dann reagiert der Körper.“ Die Sozialpädagogin in Diensten der Caritas berät Frauen in Sachen Mutter-Kind-Kuren – Frauen, die durch Mehrfachbelastungen mit ihrer Kraft am Ende sind, deren Gesundheit nicht mehr mitspielt, die mitunter existenzielle Finanzsorgen haben und dringend eine Auszeit brauchen, um wieder Kraft zu schöpfen. Und obwohl die Ärzte die Kur dringend befürworten und auch die meisten Krankenkassen eingesehen haben, dass die Kuren am Ende Folgekosten sparen helfen, muss manche Frau, die’s mehr als nötig hätte, am Ende auf eine solche Kur verzichten – weil sie die Eigenleistung nicht aufbringen kann. „Armut macht nicht nur krank, sie sorgt auch auch dafür, dass man sich aus dem Kreislauf nicht wieder befreien kann“, sagt dazu Christiane Heising von der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas.
Auch beim Ehepaar A. aus Osterfeld wäre die Kurmaßnahme beinahe am Geld gescheitert. Nur mit Hilfe der „Aktion Lichtblicke“ konnte die Caritas-Beraterin am Ende das nötige Kleingeld zusammenbringen – und das war in diesem Fall sogar ein bisschen mehr, da ausnahmsweise die ganze Familie an der Kur teilnehmen sollte.
Am Ende ihrer Kräfte
Das kam so: Der erste Sohn war gerade zwei Jahre alt, da kündigte sich beim Ehepaar A. wieder Nachwuchs an: „Wir haben uns ein zweites Kind gewünscht – und dann gab’s noch zwei weitere als Bonus“, berichtet der 42-Jährige lächelnd davon, dass seine Frau mit Drillingen schwanger wurde. Die Schwangerschaft war nicht ganz einfach, die Drillinge kamen im siebten Schwangerschaftsmonat zur Welt. Alle drei leiden an chronischer Bronchitis, eines hat zusätzlich eine spastische Muskelerkrankung.
Als die Drillinge zwei Jahre alt waren, fiel Vater S., der seine Familie bis dato mit harter Arbeit auf dem Bau ernährt hatte, krankheitsbedingt aus und ist bis heute arbeitsunfähig. Vier noch relativ kleine Kinder, dazu der Mann krank. Dann starb auch noch die Mutter von Frau A. (40), ihre einzige familiäre Unterstützung. Im vergangenen Sommer kam die zierliche vierfache Mutter in die Kurberatung -- mit Migräne, Rückenschmerzen, Durchblutungsstörungen und ziemlich am Ende ihrer Kräfte.
Mittel der Caritas-Haussammlungen
Der Arzt befürwortete den Kurantrag für Mutter und Kinder, die Krankenkasse bewilligte ihn und bestand sogar darauf, dass der Vater mitfährt – um seine Frau vor Ort zu unterstützen. Trotzdem wäre das Unternehmen beinah noch gescheitert – am Jobcenter, das zunächst darauf pochte, Vater S. habe keinen Urlaubsanspruch mehr und dürfe sich deshalb nicht drei Wochen entfernen: „Das Zusammenspiel der Behörden macht’s oft nicht gerade leichter“, sagt Sozialberaterin Christine Heising.
Als Empfänger von Arbeitslosengeld war die Familie von der regulären Zuzahlung befreit, musste lediglich 86 Euro aufbringen – und die Fahrtkosten von rund 114 Euro vorstrecken. Viel Geld, wenn das Familienbudget mehr als knapp ist. Um im November und Dezember am Nordseestrand herumzutollen, brauchten die Kinder auch entsprechende Kleidung samt Gummistiefeln, vor Ort musste die Waschmaschine täglich rotieren – zwei Euro pro Waschgang, 50 Cent fürs Trocknen. Da kommt trotz Vollverpflegung noch mancher Euro hinzu. Geld, das viele Familien schlicht und einfach nicht aufbringen können. „Wir haben Gottseidank die Möglichkeit, für solche notwendigen Anschaffungen und Ausgaben Mittel der Caritas-Haussammlungen einsetzen zu können“, erzählt Walburga Stortz. „Sonst wär’s für manche erschöpfte Mutter nicht möglich, eine Kur in Anspruch zu nehmen.“
"Die Luft da ist einmalig"
Dass eine solche Kur helfen kann, erzählt Frau A. mit schüchternem Lächeln: „Ich hab’ Kraft getankt, körperlich und seelisch. Und ich habe auch vieles gelernt, was mir jetzt noch hilft, den Famlienalltag besser und stressfreier zu planen.“ Auch Vater A. war begeistert: „Den Kindern haben die langen Strandspaziergänge gut getan. Die Luft da ist einmalig – die Kleinen haben nicht ein einziges Mal gehustet, die ganzen drei Wochen.“
Bis zum Sommer, wenn die drei Kleinen in die Schule kommen, hofft Vater A., gesundheitlich wieder so weit auf dem Damm zu sein, dass er arbeitsfähig ist. Vielleicht kann die Familie dann im nächsten Jahr mal ein paar Tage an die Nordsee fahren. Einfach so.