Oberhausen.
Die Gesamtschule Osterfeld und die Anne-Frank-Realschule wollen im nächsten Schuljahr mit integrativem Unterricht starten. Bisher hat nur die Albert-Schweitzer-Realschule in der Sekundarstufe I gemeinsamen Unterricht für behinderte und nicht-behinderte Kinder angeboten.
Den Vorstoß verkündete Schulrat Jürgen Dorn bei einer Veranstaltung des Oberhausener Stadtverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zum Thema Inklusion. 16 Kinder sollen demnach nach den Sommerferien integrativ in der Sek. I beschult werden, das wären für jede der drei Schulen fünf bis sechs Kinder. Für den Grundschulbereich liegen 37 Anträge für integrativen Unterricht vor, „das sind deutlich mehr, als die Schulen bewältigen können“, sagte Jürgen Dorn.
Gespräche mit Grundschulen laufen
Die Emscher-, die Ruhr-, die Steinbrink- und die Havensteinschule bieten derzeit integrativen Unterricht an, um mehr Kapazitäten zu schaffen, „sind wir wegen einer Vernetzung im Gespräch mit den Grundschulen, die Verhandlungen laufen“, sagte Dorn. Der Schulrat bezeichnete es als eines der großen Probleme, das notwendige Fachpersonal aufzutreiben, „es gibt keine Absolventen, auf die wir zugreifen können“, deshalb „müssen wir mit den vorhandenen Ressourcen flexibel umgehen dürfen“, sprach Dorn in Richtung von Karl van den Mond, Personalratsvorsitzender Förderschulen.
Der Elternwille am gemeinsamen Unterricht besteht also, das Thema Inklusion ist in aller Munde. Gemeint ist zunächst die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an allen gesellschaftlichen Prozessen – unabhängig von Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Behinderung oder einem anderen individuellen Merkmal. Der Aspekt Inklusion und Schule nimmt in dieser Diskussion aber einen breiten Raum ein. Forderungen nach einem gemeinsamen Unterricht aller Kinder, in dem auch geistig-, lern- oder körperbehinderte Schüler sitzen, stehen dem bisherigen System der Sonderpädagogik und den Förderschulen gegenüber.
"Wir vermissen konkrete Aussagen"
Bei der Veranstaltung der GEW äußerte die Stadtverbandsvorsitzende Cornelia Schiemanowski Kritik an dem von den Landtagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Eckpunktepapier für den Weg zur inklusiven Schule in NRW: „Wir vermissen vor allem konkrete Aussagen zu den erforderlichen personellen, sächlichen und räumlichen Standards, aber auch klare Vorgaben, wie die sonderpädagogische Förderung in den allgemeinen Schulen tatsächlich organisiert werden soll.“ Es würden in dem Papier keine klaren Perspektiven für die Förderschulen aufgezeigt, noch gebe es eine Steuerung des Prozesses durch das Land. „Dieser Prozess soll allein der demografischen Entwicklung, dem Elternwillen und den Kommunen überlassen werden“, sagte Schiemanowski.
Trotz fehlender Rahmenbedingungen und Umwägbarkeiten, „wir sind froh, dass wir starten, wir nehmen Schüler mit Lernproblemen mit in den Regelunterricht herein, auch wenn die Bedingungen noch nicht erfüllt sind“, sagte Ingrid Wenzler, Leiterin der Gesamtschule Osterfeld. Diese Rolle als Vorreiterschule – solche Schwerpunktschulen sind auch im Eckpunktepapier vorgesehen – löste bei der Veranstaltung der GEW Kritik aus. „Das ist ja toll, dass sie sagen, sie begeben sich in einen Lernprozess“, sagte ein Lehrerkollege, „aber das ist doch nix für die Fläche.
Barrierefreiheit kann man nicht erproben
Ich bin sehr gespannt, wie die Stadt diesen Prozess räumlich und personell begleiten wird.“ Die Befürchtung wurde laut, dass die Politik sich nicht mehr genötigt sehe, noch etwas zu machen, wenn die Schulen das „schon irgendwie hinkriegen würden“. Erst müsse das System verändert werden. „Barrierefreiheit, das kann man nicht erproben, das muss vorhanden sein“, sagte Karl van den Mond.
„Der Schulträger hat überall erklärt, dass die notwendigen Maßnahmen durchgeführt werden“, entgegnete Manfred Przybylski, Leiter des Bereichs Schule bei der Stadt. „Wir schaffen das, was erforderlich ist.“
Stadt hat Ausnahmeregelungen beantragt
Wenn der Rechtsanspruch auf inklusive Bildung auf Landesebene eingeführt wird, könnte es durch die demografische Entwicklung (allgemeiner Rückgang von Schülerzahlen) und die Schulwahl der Eltern zur Schließung von Förderschulen kommen. Schon jetzt liegt die Anzahl der Kinder an den drei Oberhausener LE-Förderschulen laut einer Verwaltungsvorlage unter dem geforderten Mindestwert (Fröbelschule 137 Schüler, Herderschule 139, Stötznerschule 103 Schüler).
Die Stadt hat bei der Bezirksregierung für alle drei Schulen Ausnahmegenehmigungen zur Fortführung beantragt. Die Genehmigungen hat die Schulaufsicht in Düsseldorf, befristet bis zum Ablauf des Schuljahres 2013/2014, erteilt.