Oberhausen. .

In der Bank haben sie eine Plastikpalme aufgestellt. Das soll seriöser wirken. Seit Samstag gibt es die alternative Währung, „Kohle“. Bezahlen kann man mit Einern, Fünfern und Zehnern. Jede Note wird handschriftlich signiert. Daneben lächelt Schlingensief. Nussecken gibt es für zwei Kohle, Eintrittskarten für Rot-Weiß-Oberhausen kosten Fünf, für Rechtsberatung muss man 20 Kohle hinlegen. Rund 6000 Kohle sind bereits im Umlauf. Die Macher und die Kunden sind von dem sozioökonomischen Theaterprojekt begeistert.

Wofür die Leute so alles Kohle bekommen wollen: Der eine will eine Keramik-Plastik aufstellen. Ein anderer Bankkunde erzählt, er sei depressiv und würde sich dank des Kohleprojekts das erste Mal seit langem wieder aus dem Haus trauen und einen Spaziergang machen. Den Bankern sind alle Erklärungen gleich lieb. Nur wer zu sehr flunkert sollte sich vorsehen – die Künstler machen sich den Spaß und überprüfen die Angaben im Einzelfall.

„Ich dachte, ich biete etwas Praktisches“, erklärt Wolfgang Wonsyld und kramt ein paar schwarze Socken hervor. Er betreibt ein Geschäft für Trekking- und Outdoor-Bedarf, aber wer braucht schon alle Tage ein paar neue Treter? Socken also. Und die Leute kommen. „Ich unterstütze gerne Projekte, die das Theater anleiert“, sagt er und erzählt von einem „vorzüglichen“ Schwarzwild-Gulasch, dass er seinerseits im Restaurant Frintrop getestet und mit Kohle bezahlt hat.

"Vier Kohle kostet das Brötchen"

Kulinarisches gibt es auch bei Almuth Boyen. Die Kiosk-Besitzerin kredenzt „Almuth Spezial“: Brötchen, belegt mit Remoulade, Schinken und Ei. Eine Mischung mit Geschichte – der Sage nach, hat sie es das erste Mal vor Jahren geschmiert, als ein Schauspieler vom Theater Oberhausen keine Salami-Käsesemmel mochte. Seitdem verlangen die Mimen immer wieder danach. „Wir sind hier nicht nur eine Bude, wir sind eine Sozialstation“, betont Mann Norbert und unterbricht das Gespräch kurz, um einen „Notfall“ zu versorgen: „Cola, Kippen, noch wat?“ Das war’s. Älteren bringt er die Kiste Wasser nach Hause. „Die rufen dann drei, vier Mal an, nur, damit sie einen zum Reden haben.“ Nun ist die „Kohle“ das Gesprächsthema. „Ist ne witzige Idee“, sagen sie. Und so in Nachbarschaft zum Theater sei es ohnehin Ehrensache, dass sie mitmachen. Vier Kohle kostet das Brötchen, eine Apfelschorle gibt’s obendrauf.

Ganz so emotional sind die Fälle von Stefan Scheffler, Chef der gleichnamigen Rechtsanwaltskanzlei, nicht. „Ich bin Rechtsanwalt des Alltags. Ich mach’ alles außer Scheidungen. Tränen überlass’ ich anderen. Und obwohl direkt 20 Kohle für eine Erstberatung fällig werden, hatte er bereits zwei Kunden. Ein Vermieter wollte geklärt wissen, ob eine Mietminderung rechtens sei. Eine Raumpflegerin erkundigte sich, wie sie ihren Mindestlohn einklagen kann. „Kohle“ scheffeln oder ausgeben kann man noch bis 31. März.