Oberhausen.
1,8 Milliarden Euro - so hoch ist Oberhausen verschuldet. 235,5 Millionen Euro zahlte die Stadt für den Aufbau-Ost. Kämmerer Elsemann sieht die „falsche Gemeindefinanzierung“ als Hauptproblem.
Dass Oberhausen so viele Schulden angehäuft hat, ist nicht neu, wirft aber anlässlich jedes Jubiläums in der deutsch-deutschen Geschichte die Frage auf: Sähe es in der Stadt anders aus, hätte sie die Deutsche Einheit nicht mitfinanzieren müssen? Der Vorstand der Stadtverwaltung glaubt das nicht.
Rechnet man 2010 mit ein, hat Oberhausen seit Unterzeichnung des Staatsvertrags 1990 rund 155 Millionen Euro in die neuen Länder transferiert. Diese Summe wurde wegen der Finanzlage der Stadt – seit 1986 gab es nur zwei ausgeglichene Haushalte – ausschließlich über Kredite finanziert: Um den geforderten Beitrag zu leisten, musste die Stadt Schulden machen. Rechnet man die Zinsen aus den Krediten ein, hat Oberhausen für den Aufbau Ost 235,5 Millionen Euro bezahlt.
Gemeindefinanzierung ist Hauptgrund für Schulden
„Die Wiedervereinigung ist eine große nationale Aufgabe“, sagt Stadtkämmerer Bernhard Elsemann vorweg. „Dass reiche Städte armen Städten helfen, ist also absolut richtig.“ Es sei aber äußerst fragwürdig, dass arme Kommunen Kredite zur Finanzierung dieses Plans aufnehmen müssen.
Die Transferleistungen an die neuen Länder machen ein Siebtel der städtischen Schulden aus: Würde es den Solidarpakt nicht geben, hätten wir also weniger Schulden. „Der Solidarpakt hat zu unserer Lage beigetragen“, glaubt Reinhard Frind, Dezernent für Familie, Bildung und Soziales. „Hauptsächlich ist aber die falsche Gemeindefinanzierung Grund der Situation. Seit Jahren fordern wir ihre Reform.“
Verzicht auf Soli wäre „Tropfen auf den heißen Stein“
Würde der Stadt die Soli-Pflicht erlassen, wäre das nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“: Die Stadt müsste jeden gesparten Euro in die Schuldentilgung investieren. Und wenn man die Realität einen Moment ignoriert? Rein hypothetisch: Wo würde die Stadt das gesparte Geld einsetzen?
OB Klaus Wehling würde unter anderem den Lehrermangel beheben. „Für den Ausbau von U3 haben wir ebenfalls zu wenig Personal.“ Auch in der Stadtentwicklung habe stets Geld gefehlt. Der OB nennt den Osterfelder Gartendom als Beispiel: „Wir müssen in der Lage sein, Grundstücke so aufzubereiten, dass sich Interessenten für sie finden und sie sinnvoll genutzt werden.“ Der Dom steht seit 2001 leer.
Kämmerer würde Kindergartenbeiträge abschaffen
Die Förderung der Kreativwirtschaft stände bei Kulturdezernent Apostolos Tsalastras auf der Liste. Sie wird derzeit ohne städtische Mittel unterstützt. Tsalastras wagt den Rückblick: „Wir hatten gute Pläne für den Umbau des Altenberggeländes.“ Diese wurden bisher nicht umgesetzt, weil Oberhausen sich den Eigenanteil nicht leisten durfte. „Außerdem hätten wir uns mit einem anderen Konzept für den Gesundheitscampus beworben.“ Der Campus hätte Oberhausen rund 500 Arbeitsplätze gebracht. Den Zuschlag bekam Bochum.
Planungsdezernent Peter Klunk würde weitere Mittel in den Straßenbau und die Pflege der Bausubstanz investieren. Er bemängelt, dass Oberhausen seit vier Jahren keine Mittel zur Wohnbauförderung bewilligt werden, „weil wir den Eigenanteil nicht aufbringen können“. Stadtkämmerer Elsemann würde die Kindergartenbeiträge auf einen Nullsatz senken und eine intensivere Bildungs- und Jugendarbeit betreiben. „Wir wollen keinen Luxus, sondern Daseinsvorsorge schaffen.“