Oberhausen.

Im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO) gibt es 17 Chefärzte und genau eine Chefärztin. Andrea Gassel leitet das Institut für Pathologie. Im WAZ-Gespräch mit Fabienne Piepiora erzählt sie von ihrem Job, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bringt und was sie von einer Frauenquote hält.

Wie wird man Pathologin?

Andrea Gassel: Es gibt ein Sprichwort, das besagt: Pathologin wird man nicht, Pathologin bleibt man. Ich habe in dem Bereich geforscht und er hat mich fasziniert. Pathologie hat übrigens nichts mit Rechtsmedizin zu tun, wir beschäftigen uns mit der Diagnostik am Lebenden. Wir kommen zum Zug, wenn zum Beispiel ein Gewebeknoten untersucht werden muss oder eine Gewebeprobe entnommen wurde.

Klingt nach einer Männerdomäne.

Gassel: Wie in allen medizinischen Bereichen, sind die Oberarzt- und Chefarzt-Posten überwiegend von Männern besetzt. Das ändert sich erst langsam. Heutzutage studieren viele Mädchen Medizin, weil sie die besseren Abiturnoten haben.

Wie sind Sie Chefärztin geworden?

Gassel: Ich denke, ich habe mit fachlicher Qualifikation auf mich aufmerksam gemacht. Deshalb finde ich die Diskussion um die Quote auch so schwierig. Man muss fachlich etwas drauf haben.

Arbeiten Sie in der Pathologie im Schichtdienst?

Gassel: Nein, anders könnte man Familie und Beruf nur sehr schwer vereinbaren. Mein Mann ist auch Chefarzt, wir haben vier Kinder. Die Älteste ist 24, die anderen sind 23, 20 und 17.

Vor 23 Jahren war an U3-Betreuung noch nicht zu denken. Wie haben Sie das trotzdem hinbekommen?

Gassel: Ich habe drei Monate gestillt und bin dann wieder arbeiten gegangen. Anders geht es in diesem Beruf nicht. Es gibt eine Studie, die belegt, dass je länger Frauen aus dem Beruf aussteigen, ihr Karriereweg umso kürzer ist. Ein Jahr ist schon ganz schwierig.

Wer hat die Kinder versorgt, als Sie arbeiten gegangen sind?

Gassel: Meine Eltern haben mich unterstützt und eine Kinderfrau bezahlt. Es ist am Ende immer ein finanzielles Problem. Entweder muss der Staat das Geld für die Betreuung aufbringen oder man tut es selbst.

Sind Ihre Kinder stolz auf Sie?

Gassel: Das weiß ich nicht. Aber zwei von ihnen studieren jetzt auch Medizin.

Und was haben Ihre Chefs gesagt?

Gassel: Gott sei Dank, hatte ich immer Chefs, die mich unterstützt haben und die mich halten wollten. Es ist trotzdem manchmal schwierig. Man lebt immer mit einem schlechten Gewissen. Mit dem schlechten Gewissen seiner Familie gegenüber und dem schlechten Gewissen seinem Arbeitgeber gegenüber. Man muss schon viel aushalten und psychisch ein sehr stabiler Mensch sein.

Wie kann man Frauen unterstützen?

Gassel: Man muss sicherlich über die Quote für Frauen reden. Ich jedenfalls habe für mein Team ausschließlich Frauen eingestellt.