Oberhausen. . Auf der einen Seite feiern die Jecken mit viel Musik den Straßenkarneval, auf der anderen Seite arbeiten Rettungskräfte, Polizei und Ärzte auf Hochtouren. Vor allem bei Jugendlichen sind Drogen- und Alkoholkonsum ein großes Problem. „An Karneval kommt es schon zu richtigen Dramen.“

Zu oft mischt es sich in die laute Karnevalsmusik dieses Sonntagsumzugs: das Martinshorn. Während die einen Jecken fröhlich feiern, schlagen andere über die Stränge. Rettungskräfte, Polizeibeamte, Ärzte und Krankenpfleger arbeiten auf Hochtouren.

Die meisten Rettungswagen halten an diesem Nachmittag vor der Kinderambulanz des Evangelischen Krankenhauses EKO: Jedes Jahr kontrollieren die Beamten der Polizei junge Karnevalisten, 20 stark alkoholisierte Jugendliche haben sie am Sonntag aufgegriffen. Jahr für Jahr rollen die Krankenpfleger in der Kinderambulanz für die jungen Leute Matratzen in den Gängen aus. Es würden mehr berauschte Jugendliche eingeliefert als es Behandlungszimmer gebe, heißt es.

Dramen an Karneval

„Ich frage mich immer, wo die jungen Leute den Alkohol her haben“, sagt Dr. Holger Breuer. Der Facharzt für Chirurgie und Notfallmedizin setzt sich für einen Moment in den Aufenthaltsraum. Seit April 2011 arbeitet er als Oberarzt in der Zentralambulanz, wo er sich um Erwachsene kümmert.

Neben ihm sind an diesem Sonntag zwei Schwestern und zwei Ärzte im Dienst, zusätzlich zu den Medizinern und Pflegekräften in der Kinderambulanz. Jahrelang hat Dr. Breuer in einer Düsseldorfer Klinik gearbeitet. Da rollte man an Karneval schon einmal Gummimatten aus, um die Reinigung zu erleichtern, wenn Betrunkene nicht mehr an sich halten konnten.

„An Karneval kommt es schon zu richtigen Dramen“, sagt Fachkrankenschwester Liane Meister zwischen zwei Behandlungen. Der Dienst sei kein beliebter. „Viele Betrunkene, viele Schlägereien.“ 14 Personen haben die Sanitäter laut Polizei vom Umzug abtransportiert. Im EKO kommen dazu noch die regulären Notfälle und auch die Zaungäste, die zu Fuß oder mit dem Taxi in die Klinik kommen. Alkoholvergiftungen, Schädelhirntrauma, Drogenrausch.

Pfefferspray in den Augen

Besonders problematisch sieht Dr. Breuer: „Wenn die Eltern Alkohol trinken und feiern, sehen sie nicht mehr so genau, was ihre Kinder machen.“ Viele mischten Alkohol mit Drogen, trinken, bis sie nicht mehr können. „Die wenigsten wissen, wie viel Alkohol sie konsumiert haben.“ Und die Grenze zwischen dem, der seinen Rausch ausschlafen will, und dem, der aggressiv wird, sei fließend.

Ein Mann, Anfang 20, steckt seinen Kopf aus dem Behandlungszimmer zehn. Die Augen tränen ihm von dem Pfefferspray, das ihm jemand ins Gesicht gesprüht hat. „Ich will zum Klo“, nuschelt er, wankt an den emsigen Rettungskräften vorbei, die schon den nächsten Patienten bringen. Eine Schwester dreht sich im Vorbeigehen zu dem Betrunkenen: „Bitte bleiben Sie im Zimmer.“ Er raunt Unverständliches, zwinkert dann gut gelaunt Sandra Demoter zu.

Wie das so ist, an Karneval

„Der hat aber getankt“, bemerkt die 33-Jährige. Sie wartet im Rollstuhl aufs Röntgen. „Zum Zug habe ich es gar nicht mehr geschafft.“ Ausgerutscht sei sie zu Hause, deutet auf den angeknacksten Knöchel in der Netzstrumpfhose.

Unter der Mullbinde, die sich ein 57-Jähriger am Ende des Gangs ans Kinn hält, klafft eine blutende Wunde. „Eine Tafel Schokolade“, die habe ihm jemand entgegen geworfen. Die Fahrt im Rettungswagen habe lange gedauert: „Die Leute haben von außen an den Wagen geklopft, laut gefeiert. Wie das so ist, an Karneval.“