Oberhausen. .

Jetzt geht alles sehr schnell: „Heute Abschied, morgen Umzug und übermorgen beginne ich meine neue Arbeit in Berlin“, sagt Birgit Beierling am Mittag ihres letzten Arbeitstages als Geschäftsführerin. Viel Zeit zum Trauern um den Verlust ihres „Kindes“ Ruhrwerkstatt, dessen Werdegang sie 20 Jahre lang mit gestaltete, bleibt nicht mehr.

Doch ihrer offiziellen Abschiedsfeier am Nachmittag sieht sie freudig entgegen. Der Grund: Ihre Nachfolgerin, Britta Lenders, wird bei dieser Gelegenheit gleich vorgestellt. Beierling: „Ich bin sicher, dass die Geschäftsführung in gute Hände geht, und das ist für mich ein gutes Gefühl.“

Ein Kind des Ruhrgebiets

20 Jahre Ruhrwerkstatt, Kultur-Arbeit im Revier e.V.: „Das war der wesentliche Teil meines Berufslebens“, stellt die Diplom-Sozialwissenschaftlerin Beierling fest. Mit Wissenschaft und Forschung fing alles an. „Ich leitete einen Modellversuch zur beruflichen Qualifikation benachteiligter Frauen“, erinnert sich die 54-Jährige. „In Bochum geboren, in Gelsenkirchen aufgewachsen, in Bochum studiert, in Essen gewohnt und stundenmäßig die meiste Zeit in Oberhausen verbracht“, beschreibt sie sich als echtes Kind des Ruhrgebiets. „Durch Zufall“ hatte sie von der Stelle beim Referat für Jugend- und Sozialarbeit des Paritätischen Wohlfahrtsverbands erfahren, die ihr „auf den Leib geschnitten“ zu sein schien. „Wenn ich jetzt nicht etwas anderes mache, bleibe ich die nächsten 12 Jahre bei der Ruhrwerkstatt“, dachte sie und entschied sich für den Wechsel nach Berlin.

„Während hier mein Aufgabengebiet sehr breit angelegt war – die Ruhrwerkstatt arbeitet wie ein kleiner Wohlfahrtsverband und hat die Bedarfe aller Altersgruppen im Blick –, bekomme ich jetzt ein Spezialgebiet in der Jugendhilfe. Ich werde einseitiger, kann mich aber intensiver damit beschäftigen.“ Immerhin hatte ihre Karriere einst in der Jugendhilfe begonnen, mit Heimerziehung. Der Kreis scheint sich zu schließen. Birgit Beierling verlässt das Ruhrgebiet mit vielen guten Wünschen und Wertschätzungen ihrer Arbeit von Wegbegleiterinnen und vielen Versprechen, sie in Berlin zu besuchen.

Umgekehrt ist der Neustart für Britta Lenders (48) mit einer Rückkehr in die Heimat verbunden. Sie war drei Jahre lang in Heidelberg tätig und auch sie entdeckte die Stellenausschreibung zufällig: „Träger sucht engagierte Geschäftsführung“. „Ich kann nicht sagen, was mich mehr ansprach, engagiert oder Geschäftsführung“, gibt sie zu. Sie entschied sich, „dem Zufall eine Chance zu bieten“ und bewarb sich mit Erfolg.

Verschiedene Vereine, „die im soziokulturellen Bereich unterwegs sind“, hat die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin bereits geführt. Zuletzt einen, der sich in der Betreuung von Grundschulkindern an Nachmittagen engagiert.

Kultur ist ein Lebensmittel

An der Uni Witten-Herdecke hat Britta Lenders studiert, ihre Doktorarbeit über nicht gewinnorientierte Organisationen geschrieben. Mit Spannung sieht sie ihrer neuen Aufgabe entgegen, „weil die Arbeit bei der Ruhrwerkstatt so breit angelegt ist“. Kultur ist für sie „ein Lebensmittel“ und davon habe kaum eine Region so viel zu bieten wie das Revier. Dass wir Kulturhauptstadt waren, sei längst überfällig gewesen.

Was die Wohnungssuche angeht, ist Britta Lenders ebenfalls guten Mutes, schnell etwas Passendes zu finden. „Der Wohnungsmarkt ist relativ groß.“ Noch ist sie bei Bekannten unterwegs, die sie von früher kennt, schläft heute in Dortmund, morgen in Wuppertal.