Oberhausen.

Es wird häufig nicht zu Unrecht darüber geklagt, dass es in dieser hocheffizienten wirtschafts-dominierten Gesellschaft an Zusammenhalt, Solidarität und Gemeinschaftsgeist fehlt. Doch nicht selten überziehen die gleichen Kritiker Deutschlands Freizeit- und Brauchtumsvereine mit Hohn und Spott, bezichtigen Schützen und Karnevalisten einer muffigen altbackenen Vereinsmeierei voller erstarrter langweiliger Tradition.

Doch die Kritiker haben ein vorurteilsbeladenes theoretisch konstruiertes Bild, das sie sich meist nicht durch hautnahes praktisches Erleben erschüttern lassen wollen. Denn würden sich diese Kritiker einmal in den Trubel der Schützen- und Karnevalsfeiern stürzen, dann würden sie Menschen erleben, die sich mit hoher Leidenschaft voller Engagement für andere einsetzen — und alte Tugenden neu aufleben lassen.

Solidarisch sein

Sie würden staunen, mit welchem Eifer, mit welcher Detailliebe junge und alte Bürger in einer Stadt wie Oberhausen ihre Feste und Bräuche zelebrieren. Mit welchem Aufwand monatelang Tänze einstudiert, Verse geübt und Wagen mit Styropor-Schnitten gestaltet werden, verdient Applaus.

Dabei vergessen die Freunde des Karnevals nicht diejenigen in unserer Stadt, die im Alltag oft am Rande stehen. Sie besuchen, allen voran der Prinz mit seinem Hofstaat, zur übergroßen Freude der Bewohner Alten- und Behindertenheime.

Sich aufeinander zu verlassen, gemeinsam Spaß zu haben, sich auch im Alltagsleben außerhalb der Karnevals- oder Schützenzeit zu helfen, solidarisch miteinander zu sein — das sind Tugenden, die Kinder und Erwachsene in Brauchtumsvereinen lernen und ausüben.

Menschen aus allen Schichten

Nirgendwo sonst treffen so verschiedene Menschen aus allen Schichten aufeinander und raufen sich zusammen. Was in diesem noch recht jungen Jahrhundert andere hochtrabend als Netzwerkarbeit bezeichnen und als etwas Neues verkaufen, kennen Karnevalisten und Schützen schon lange.

Natürlich toben sich unter Karnevalisten und Schützen auch niedere Leidenschaften aus: Eitelkeit, Maßlosigkeit, Missgunst — nichts Menschliches, kein tiefer Streit über Kleinigkeiten ist dem treuen Vereinsfreund fremd. Viele sind halt hoch emotional engagiert. Doch der Vereinsfreund krempelt seine Ärmel hoch und sagt sich: Trotz alledem. Es wird weitergemacht — wegen der Tradition, wegen der guten Sache.

Bewundernswert.