Oberhausen. .

Herr Dehorn, wie Sie wissen, schätzen wir Karneval als wichtiges Kulturgut dieser Stadt, doch viele Bürger sehen Karneval sehr kritisch. Wir wollen mit Ihnen deshalb ein ehrliches hartes Interview über die negativen Seiten des Karnevals führen. Sind Sie dazu bereit?

Heiner Dehorn: Natürlich, wir müssen uns auch der Kritik stellen. Das ist doch im täglichen Leben normal - auch dort hat man Widersacher.

Die Anti-Karnevalisten werfen den Narren vor, den Ursprung des Karnevals verraten zu haben: Damals wurden die Machthaber verspottet, heute gibt es kaum noch bissige Kritik - weil die führenden Karnevalisten heute Teil des Machtsystems einer Stadt sind. Ist der scharfe Witz verloren gegangen?

Dehorn: Ja, durchaus. Das liegt aber daran, dass es die spitzen Redner, die über die Machthaber spotten, nicht mehr gibt. Dem Karneval fehlen diese typischen Büttenredner, die solche Reden noch bringen. Der politische Karneval findet höchstens noch in Mainz statt. Dabei gibt es in unserer Stadt genügend Angriffspunkte . . .

. . . welche wären das?

Dehorn: Die teure Umgestaltung des Bert-Brecht-Hauses und des Saporoshje-Platzes etwa - das ist doch eine Betonwüste. Solche Punkte könnte ein Hoppeditz aufnehmen. Ich wünsche mir keinen gehässigen Karneval, aber einen bissigeren.

Gilt das auch für den Wagenbau, bei dem aktuelle heikle Themen selten sind?

Dehorn: Das ist natürlich abhängig von unseren finanziellen Möglichkeiten. Es reicht ja nicht aus, nur ein paar Pappschilder am Wagen anzubringen. Heute haben wir deshalb weniger aktuelle Mottowagen, weil diese sehr teuer sind und selten noch einmal im nächsten Jahr benutzt werden können.

Wenn Sie frei handeln könnten, wo würden Sie den Karneval reformieren?

Dehorn: Ich wünschte ihn mir wirklich kritischer. Doch früher waren auch die Kölner viel bissiger. Vieles kann man sich nicht mehr erlauben. Es ist ein Stück heikel, bissig zu sein, weil der Karneval natürlich auch ein Stück weit abhängig von wichtigen Gönnern in einer Stadt ist. Doch der Karneval ist immer noch ein wichtiger Multiplikator. Wir haben 150 Veranstaltungen pro Session von organisierten Vereinen - mit 200 bis 1200 Besuchern. Hinzu kommen 200 000 Leute im Straßenkarneval. Sie alle lassen Geld in der Stadt. Sie kehren irgendwo ein oder kaufen Kostüme für die Kinder. Viele Unternehmen leben vom Karneval.

Schlechtes Image: Feiern, Frauen, Saufen

Statt die Mächtigen und ihr Gehabe zu verulken, hängen sich heutzutage die Karnevalisten selbst mit viel Ernst Orden um. Wird der Karneval auf den Kopf gestellt?

Dehorn: Die Gier nach Orden nimmt leider tatsächlich immer größere Maße an. Früher kam ein Prinz mit 400 Orden aus, heute kommt er unter 1200 nicht mehr klar. Dabei muss man sich doch so einen Orden verdienen. Karneval ist ein Ehrenamt und wenn ich etwas dafür tue, ist ein Orden richtig. Aber oftmals wollen Mitläufer und verdiente Leute gleichermaßen einen Orden haben.

Karneval hat bei vielen Leuten ein schlechtes Image. Warum eigentlich?

Dehorn: Im Karneval denken manche Leute, die nicht involviert sind, nur an Feiern, Frauen und Saufen. Sie sehen Leute, die im Kostüm rumblödeln. Sicher gibt es das auch. Aber im Fußball gibt es ja auch nicht nur Schläger, sondern vor allem Zuschauer. Da gibt es ein paar Idioten, die sich prügeln, aber das ist eben nicht die Mehrheit. Der Imageverlust im Karneval ergibt sich durch eine Minderheit.

Wie sieht es denn mit dem Vorurteil aus, in der fünften Jahreszeit kann man mit Frauen besser anbandeln?

Dehorn: Wenn getanzt und gesungen wird, wenn man fröhlich gestimmt ist, dann fällt natürlich vieles leichter. Sicher hat der Karneval auch Paare geschmiedet und Paare entzweit. Aber das hat man an jedem Wochenende in den üblichen Tanzlokalen auch.

Sogar Stocksteife infiziert

Welche Funktion hat nach Ihrer Ansicht der Karneval heutzutage noch?

Dehorn: Der Karneval ist vor allem für karitative Einrichtungen unverzichtbar. Der Prinz hat in Heimen, Krankenhäusern oder Kindergärten genauso viel Auftritte wie in den Sälen. Und das ist auch wichtig. Meine Mutter hat lange in einem Heim gelegen - mit dem Blick auf die Zimmerdecke. Aber wenn der Prinz kam, wollte sie immer dabei sein. Der Tag war etwas ganz Besonderes. Es war eine Ablenkung von Krankheit und Alltag.

Den Karneval nehmen Leute auch als Entschuldigung, mal die Sau rauszulassen und sich daneben zu benehmen. Beim Oberhausener Straßenkarneval gibt es immer wieder unschöne Szenen mit betrunkenen Jugendlichen.

Das hat sich in diesem Jahr zum Glück verbessert. Doch in den Jahren davor hatten wir erhebliche Probleme vor dem Elsa. Da waren Jugendliche mit Schnaps, die teilweise die Deko von den Wagen gerissen haben. Auch das ist wieder nur eine Handvoll, die an diesem Nadelöhr Krawall macht. Doch darunter leiden alle Jugendlichen, die dort stehen, weil es wieder heißt - die dort! Darunter leidet auch der Karneval, weil wir beim Umzug in der Innenstadt kaum noch Fußgruppen bekommen.

Welche Charaktere zieht Karneval denn an? Und was sind das für Typen, die dort nicht mitmachen wollen?

Dehorn: Manchem sieht man schon an, dass er beim Karneval nicht mitmachen möchte. Aber wir haben auch schon Leute infiziert, die vorher stocksteif waren. Das fängt bei schüchternen Jugendlichen an, die im Verein aufblühen. Doch viele Funktionäre feiern leider Karneval nicht richtig mit - sie machen ihn ja. So sind sie oft während der eigentlichen Veranstaltung nicht im Saal. Das passt nicht - ich habe dies bisher vergeblich versucht, zu verändern.

Königshardt, Oase für Nachwuchskarnevalisten

Dem Karneval fehlt manchmal der Nachwuchs. Warum ist der Erfolg in der Jugendarbeit so unterschiedlich?

Dehorn: Das liegt schon an der Lage der Stadtteile. In Königshardt ist die Jugendarbeit stark. Das ist wie eine Oase. Im Norden gibt es auch nicht so viele Freizeitgelegenheiten wie etwa mitten in der Stadt. Grundsätzlich gibt es in Oberhausen keine andere Organisation, die so viele Jugendliche beinhaltet wie der Karneval - es sind 400 Personen.

Macht der Hauptausschuss zu wenig für den Nachwuchs?

Dehorn: Uns fehlen eigentlich nur die Jungen, weil der Tanz oft von den Mädels betrieben wird. Der Hauptausschuss kann Wege ebnen. Die Umsetzung muss aber in den Gesellschaften erfolgen.

Was macht Ihnen eigentlich persönlich am meisten Spaß am Karneval?

Dehorn: Ich bin gerne mit Menschen zusammen. Und im Karneval trifft man auf die unterschiedlichsten Menschen aus verschiedenen Berufen. Das findet man im Leben sonst nicht häufig.

Dies ist voraussichtlich Ihre letzte Session als Hauptausschuss-Präsident. Sind Sie traurig darüber?

Dehorn: Nein. Nach so langer Zeit müssen jetzt auch einmal jüngere Leute weitermachen. Aber momentan gibt es noch keinen Nachfolger.

Karneval in Oberhausen

PPrunksitzung der KG Weiss-Gruen HOAG in der Luise-Albertz-Halle in OberhausenFoto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
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Naerrisches Biwak - Eroeffnung des Strassenkarnevals auf dem Altmarkt in Oberhausen, am Samstag den 26.02.2011.Nachwuchs der Fahnenschwenker, hier Kimi Heinen.Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Naerrisches Biwak - Eroeffnung des Strassenkarnevals auf dem Altmarkt in Oberhausen, am Samstag den 26.02.2011.Nachwuchs der Fahnenschwenker, hier Kimi Heinen.Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Naerrisches Biwak - Eroeffnung des Strassenkarnevals auf dem Altmarkt in Oberhausen, am Samstag den 26.02.2011.Nachwuchs der Fahnenschwenker, hier Kimi Heinen (li).Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Naerrisches Biwak - Eroeffnung des Strassenkarnevals auf dem Altmarkt in Oberhausen, am Samstag den 26.02.2011.Nachwuchs der Fahnenschwenker, hier Kimi Heinen (li).Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
PPrunksitzung der KG Weiss-Gruen HOAG in der Luise-Albertz-Halle in OberhausenFoto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
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Naerrisches Biwak - Eroeffnung des Strassenkarnevals auf dem Altmarkt in Oberhausen, am Samstag den 26.02.2011.Manch einem war es scheinbar etwas zu laut.Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool
Naerrisches Biwak - Eroeffnung des Strassenkarnevals auf dem Altmarkt in Oberhausen, am Samstag den 26.02.2011.Manch einem war es scheinbar etwas zu laut.Foto: Lars Fröhlich / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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