In schlechten Ganovenfilmen klappt der Trick immer: Mit einem angeklebten Bart schreitet der Langfinger vor die Tür und wird vom Schutzmann trotz prüfender Blicke nicht erkannt. Verkleidungskünsten sei Dank.
Am Samstag ist im Ebertbad scheinbar die Zeit des Nacheiferns gekommen: „Du als Flaschengeist? Mensch, ich hab’ dich gar nicht erkannt!“ Die Liricher KG „Die Müllschlucker“ bittet nicht zu einer gewöhnlichen Prunk-Gala, sondern ausdrücklich zur Kostümsitzung. „Am Anfang waren die Gäste noch skeptisch und haben geschaut, ob der Sitznachbar auch in einem Kostüm erscheint“, sagt Ronald Kram, Müllschlucker-Vorsitzender, über die Ursprünge des Maskenballs. „Wir wollten zurück zu den Wurzeln des Karnevals. Verkleiden und die Narretei - das gehört einfach zusammen.“
So freut sich der Verein über ein Alleinstellungsmerkmal im hiesigen Sitzungskarneval, kommen doch bei den übrigen Gesellschaften die Gäste überwiegend „in Zivil“.
Der Blick ins Ebertbad verrät dagegen: Zweidrittel sind auch in diesem Jahr bei den Lirichern in eine fremde Rolle geschlüpft. Obgleich die Auswahl des Kostüms nicht unbedingt eine eindeutige Sache ist. Gibt es denn einen Kostümtrend in diesem Jahr? Der Cowboy auf dem Weg zur Toilette ist sich nicht sicher: „Wahrscheinlich schon. Ich hab’ allerdings nur dieses eine im Kleiderschrank!“ Aha! Praktische Wahl, denn die Beigleiterin zupft sich gerade die Indianerfedern auf ihrem Kopf zurecht. Die Zusammenstellung passt. In den Sitzreihe prosten sich Clown und Micky Maus herzhaft zu. Bei einer Perückenträgerin rutscht das blaue Haupthaar. Ein Ruck und die Synthetikpracht sitzt wieder. Ordnung muss sein!
Ist der Rollentausch eine Flucht aus dem Alltag? „Nein!“, sagt der Mann mit der Sträflingsuniform. „Das gehört beim Feiern einfach dazu.“ Übrigens nicht nur im Saal, sondern auch auf der Bühne. So tragen die Tollitäten stets ihr Ornat, die Paginnen passende Uniformen, und die Garde von Stadtprinz Manfred II. kommt für ihren Showtanz sowieso historisch-fetzig gewandet daher. Das gilt auch für den Showtanz der LKG-Garde, die sich in barocker Pracht Kostüme besorgt hat. Und bei der Aktivenshow ist dann endgültig Schluss mit Normalo-Hemden.
Mut gehört bei einer Verkleidung dazu
Thematisch geht es auf eine Weltreise. Oder in der Klamottensprache ausgedrückt: Aktive verwandeln sich plötzlich in eine Freiheitsstatue, tänzeln mitten im Winter zur Discomusik in Schwimmkleidung ganz schön luftig durch den Saal. Das zeigt: Mut gehört bei einer Verkleidung dazu!
Manche Kostüme könnten auch praktisch sein: Das beweist wiederum eine Überraschung zum Ende der Sitzung. Hier macht ein Gast seinem Schatz auf der Bühne einen Heiratsantrag. Säße jemand als Standesbeamter verkleidet im Publikum - mit den Fotos könnte man angeben.
Wem bei der Kostümwahl wirklich nichts einfällt, der kann sich inspirieren lassen. Wie wär’s mit Prominenten? Quasi als „Helau von Sinnen“. Ein Kostüm - sicher nicht von der Stange. Eigene Nähkünste: unbedingt erforderlich!