Oberhausen. . Theoretisch könnte die Keith Haring-Plastik vor dem Schloss jeden Tag weg sein. Die Geschichte einer lieb gewonnenen Dauer-Leihgabe, die im Rahmen der nächsten Ausstellung endlich so richtig zu Ehren kommt.
Endlich kommen sie mal so richtig zu Ehren, die überdimensionalen Strichmännchen, die seit ziemlich genau zehn Jahren und einer gefühlten Ewigkeit vor dem Schloss ihre Verrenkungen machen. Am Samstag nämlich beginnt an Ort und Stelle eine Schau mit Plakaten des Popart-Künstlers Keith Haring, und von eben jenem stammt auch das Werk vor der Haustür. Ein Hingucker mit wechselvoller Geschichte, der einst auf Umwegen nach Oberhausen kam, und dessen Zukunft ungewiss ist.
Besitzer der Skulptur mit dem konsequenten Titel „Head through belly“ („Kopf durch den Bauch“) war zunächst ein Düsseldorfer Galerist. Er verlieh das gute Stück einst anlässlich einer Ausstellung über amerikanische Malerei ans Schloss. Zustande kam die Sache damals durch Vermittlung von Ortwin Goertz, Vorsitzender des Kunstvereins Oberhausen. „Ich wollte unbedingt eine große Skulptur von Haring nach Oberhausen holen. Drei Jahre hat mich das gekostet.“
Neuer Besitzer des Schlosses unbekannt
Anfang 2002 schließlich stand Goertz auf einem Gutshof irgendwo außerhalb von Düsseldorf, wo der Galerist einige Werke lagerte. Die Skulptur, die er Goertz anbot, lag in vier Teilen auf der Erde, erinnert sich der Kunstvereinsvorsitzende, nur die Arme zeigten nach oben. Ohne den leisesten Schimmer, wie die Männchen aufgebaut aussahen, schlug Goertz zu. „Ich habe die Katze im Sack genommen“, sagt der Kunstfreund und lacht.
Geärgert habe er sich darüber nie, im Gegenteil. Goertz ist ein Fan der Kopf-durch-den -Bauch-Männchen und überzeugt, dass er damit nicht alleine steht. „Egal, woher die Leute kommen, ob sie sich mit Kunst auskennen oder nicht, ich höre nur Positives.“ Die Skulptur sei inzwischen zur Landmarke geworden. „Ich kann sie mir nicht mehr wegdenken und würde es sehr bedauern, wenn Oberhausen darauf verzichten müsste.“
Goertz Unsicherheit ist nicht ohne Grund. Als ein Oberhausener Malermeister anlässlich eines Firmenjubiläums anbot, die Männchen kostenfrei mit frischer Farbe zu versehen, nahm Goertz erneut Kontakt zum Leihgeber auf – und war überrascht zu hören, dass ein neuer Anstrich zwar begrüßenswert sei, der Aufwand aber nicht lohne, denn das Werk sei verkauft und werde demnächst wohl in Paris oder Hongkong zu stehen kommen.
Freilich: Das ist nun schon wieder zwei Jahre her. Weshalb Goertz die Hoffnung nicht aufgibt, dass die so sprunghaft wirkende Plastik Oberhausen noch ein Weilchen erhalten bleibt. Gute Argumente dafür hat Goertz. Seiner Ansicht nach passt die Arbeit besonders gut hierher, weil sie jene entschlossene Beweglichkeit symbolisiere, die auch der Strukturwandel von den Menschen forderte, nach dem Motto: „Wir müssen da jetzt durch, wir dürfen jetzt nicht stehenbleiben.“ Er entdecke bei jedem Vorbeifahren Neues, sagt Goertz, sei es am Tage oder in der Nacht, wenn die Figuren ihre Schatten aufs Schloss werfen.
Rund drei Millionen geschätzter Wert
Nicht zuletzt ist einiges an Arbeit und Geld investiert worden, damit die Skulptur hierher kommen konnte. In einer ebenso aufwendigen wie kurzfristigen Aktion brachte damals die Feuerwehr die 18 Tonnen schweren Teile nach Oberhausen. Für das wegen der darunter verlaufenden Versorgungsleitungen schwer zu legende Fundament sorgte die OGM. „Die Plastik ist sehr fest verankert“, sagt Goertz und lacht mit Nachdruck.
Info: Die Plastik selbst zu kaufen, dürfte für die Stadt keine Option sein: Ortwin Goertz vom Kunstverein schätzt den heutigen Wert auf rund drei Millionen Euro, auch Museumschefin Christine Vogt hält das für realistisch. „Keith Haring wird hoch gehandelt.“ Das Werk entstand 1989, kurz bevor der Künstler 1990 mit nur 31 Jahren an Aids starb. Es gibt eine zweite, etwas kleinere Ausführung, die in New York steht. Die Oberhausener Variante ist rund acht Meter hoch und 18 Tonnen schwer. Die Teile wurden nach Informationen des Kunstvereins von einem Mülheimer Unternehmen gegossen.
Keith Haring