Oberhausen.

Selbst wer als Arbeitnehmer über 50 Jahre alt ist, Jahrzehnte in einem bestimmten Beruf gearbeitet hat und dann arbeitslos wird, muss damit rechnen, noch einmal völlig neu anzufangen und einen ganz anderen Beruf von Beginn an zu lernen.

„Die demographische Entwicklung bewirkt, dass es sich lohnt, wenn Menschen in ihren 50er Jahren eine komplette neue Ausbildung durchlaufen. Sie werden vom Arbeitsmarkt schon heute in bestimmten Branchen wie in Altenpflegeheimen dringend benötigt, weil uns der Nachwuchs ausgeht“, sagt Wolfgang Draeger, operativer Geschäftsführer der Arbeitsagentur Oberhausen, bei Vorstellung der Jahresbilanz des lokalen Arbeitsmarktes.

Angesichts eines angestrebten deutlich späteren Renteneintritts von 67 Jahren hätten die künftigen 50-jährigen ja noch ein 17-jähriges Arbeitsleben vor sich - da zahlten sich die Kosten einer völlig neuen Ausbildung aus.

Dringend gebraucht

Derzeit suchen in Oberhausen zwar noch 12.400 Menschen eine Arbeitsstelle, doch trotzdem bemerken die Arbeitgeber in dieser Stadt schon heute, dass der Arbeitsmarkt ihren Personalbedarf nicht mehr hergibt.

„Der Facharbeitermangel ist nicht durchgängig zu spüren, aber es gibt Branchen, wie den Gesundheitsbereich, wo wir die nachgefragten Arbeitskräfte nicht mehr liefern können. Die Zahl der Berufe, in denen es Engpässe gibt, nimmt zu“, sagt Oberhausens Arbeitsagentur-Chef Heinrich Lehnert. „Künftig wird die Lage für die Arbeitnehmer immer günstiger, für die Arbeitgeber schlechter.“

Er hält eine beeindruckende Grafik hoch, die die Zahl an Arbeitskräftepotenzial nach Alter zeigt: Die heute 45-Jährigen bilden dabei die Spitze eines hohen Berges, der steil in ein Tal fällt, wenn man auf die jüngeren Jahrgänge unter 40 schaut. Mit anderen Worten: Auch wenn die heute 45-jährigen auf die 70 Jahre rücken, werden sie dringend von der Wirtschaft gebraucht. Frühverrentung war gestern.

Schulen und Arbeitgeber

Und auch die Unternehmen denken um, bemerkt Draeger: „Viele Betriebe stellen sich schon auf die neuen Zeiten ein: Sie beschäftigen deutlich mehr Ältere als früher, als in den Unternehmen noch der Jugendwahn herrschte.“

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, was Lehnert bemerkt: „Viele über 60-Jährige arbeiten schon heute nicht mehr, weil sie gesundheitlich nicht mehr können.“

Auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft sieht Lehnert vor allem die Schulen und die Arbeitgeber in der Pflicht. „Wir müssen die weniger vorhandenen jungen Menschen besser ausbilden, das brachliegende Potenzial besser nutzen – etwa Schwerbehinderte, Alleinerziehende, Zuwanderer. Und wir müssen Arbeitnehmer besser weiterbilden als bisher.“