Oberhausen. .
Wer hat eigentlich jemals behauptet, Techniker und Ingenieure hätten zwar hohen Sachverstand, aber ansonsten nur ein kühles Herz? Josef Lednik jedenfalls, langjähriger Schulungsingenieur beim größten Oberhausener Arbeitgeber MAN Diesel & Turbo, führt die örtliche Mitgliedsgruppe des Unternehmensverbandes, alles Geschäftsführer renommierter Mittelständler, durch die üppig dimensionierten Werkshallen - und lässt seiner Leidenschaft freien Lauf.
Wie identisch die Befestigungsstutzen an den Turbinenläufern gefertigt sind, wie tausendstelmillimeter-genau die Drehung der Turbinenschaufeln perfektioniert wurde, welche erstaunliche Maßarbeit und Ingenieurskunst für die nach Kundenbedarf individuell gefertigten Kompressoren und Turbinengehäuse notwendig sind, welche enorme Hitze ( bis zu 1000 Grad) diese Edelstahl-polierten bis zu vier Meter hohen Turbo-Rotoren aushalten müssen. „Ich bin schon so lange dabei und immer noch begeistert, wenn ich durch diese Hallen gehe“, meint Lednik.
Produktion im Dreischicht-Betrieb
Zweistellige Millionen-Summen kosten diese Spitzenprodukte deutscher Technologie, die nach sechs bis 24 Monaten Bauzeit in die ganze Welt geliefert werden. Dort verwandeln die Maschinen beispielsweise Dampf in Kraftwerken zu Strom, sie verdichten in Raffinerien Gase für die chemische Reaktion, um Schweröl in Benzin zu verwandeln, oder sie pumpen Gas wie Öl durch Rohrleitungen über Länder hinweg.
Produziert werden diese technischen Wunderwerke Tag und Nacht im Dreischicht-Betrieb in mit exakt 20 Grad wohltemperierten Hallen, damit sich die Metalle nicht bei der Produktion verziehen.
2000 Beschäftigte in Oberhausen
Weltweit beschäftigt MAN Diesel & Turbo 14 500 Leute, die fast vier Milliarden Euro im Jahr Verkaufserlöse mit einer guten Umsatzrendite von 12,5 Prozent erzielten.
2000 Beschäftigte arbeiten davon in Oberhausen - eine Erfolgsgeschichte: Denn zuletzt konnte das Werk Dauer-Arbeitsplätze aufbauen, vor allem dank des eiligen Wachstums asiatischer Staaten mit ihrem Hunger nach neuen Fabriken und Kraftwerken. Allein in diesem Jahr wurden im Oberhausener Werk 150 Stellen neu geschaffen.
Auftragsbücher gut gefüllt
So schnell wird es mit der Zahl der Jobs aber wohl nicht mehr weiter nach oben gehen. Wegen der abkühlenden Konjunktur ist man vorsichtig. „Wir werden auch 2012 noch zusätzlich einstellen, wollen aber nicht zu viele Arbeitskräfte an Bord haben, wenn die Wirtschaft doch stärker schwächeln sollte“, meint Koller. Für 2012 seien die Auftragsbücher aber gut gefüllt.
So gehen auch die Investitionen ins Sterkrader Werk weiter: Schon bald wird auf dem Gelände eine Schulungs-Akademie für den Service-Bereich errichtet. Die dort geschulten Kräfte sind dann rund um die Uhr und weltweit im Einsatz, um sensible Turbinenmaschinen und Dieselmotoren im Notfall wieder ans Laufen zu bringen.
Weltweit an 39 Orten vertreten
Der Service boomt, Turbo ist weltweit an 39 Orten vertreten, und ist lukrativ: Bei den notwendigen Wartungs- und Reparatur-Dienstleistungen, können höhere Margen als mit der eigentlichen Produktion erwirtschaftet werden.
Noch vor wenigen Jahren, 2007, herrschte unter der Oberhausener Turbo-Belegschaft große Unruhe, weil sich der Vorstand entschlossen hatte, ein Produktionswerk erstmals außerhalb Europas im chinesischen Changzhou zu errichten. Nehmen uns die Chinesen mit ihren günstigen Monatslöhnen von 300 bis 500 Euro die Arbeit weg? Verlieren wir in Oberhausen am Ende ganz die Produktion von Turbinen und Kompressoren für Kraftwerke, Fabriken und Gastransportleitungen?
Aufregung hat sich gelegt
„Diese Angst war anfangs sehr groß bei uns allen“, sagt der Oberhausener MAN-Diesel Turbo-Betriebsratschef Helmut Brodrick. „Der Vorstand hat viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, warum das wirtschaftlich zum Wohl des gesamten Konzerns wirklich notwendig ist.“
Jetzt läuft das Werk in China hervorragend - und das Oberhausener Turbo-Werk stellt maßgebliche Produktionsteile als Zulieferer für Changzhou her. „Man muss heutzutage auch in China vor Ort produzieren, weil man sonst keine Geschäfte mehr dort machen könnte“, meint Personalleiter Koller. Mittlerweile habe sich die Aufregung um China im Oberhausener Werk gelegt.
Das könnte auch an den wirtschaftlichen Erfolgen liegen: Für 50 Millionen Euro bestellte der Bauherr eines neuen integrierten Chemiekomplexes in China 24 Kompressoranlagen bei MAN. Konstruktion und Fertigung der Prozessgas-Schraubenkompres-soren erfolgen im Oberhausener Werk; ein Teil der Anlagen wird dann in Changzhou zusammengebaut.