Oberhausen. .
Im Interview mit der WAZ in Changzhou anlässlich der 34 Millionen Euro teuren Investition in eine Turbinenfabrik in China zeigt sich Hans-O. Jeske, Vorstandschef der MAN Diesel & Turbo, optimistisch hinsichtlich der Zukunft des Werkes in Oberhausen mit seinen gut 1800 Arbeitsplätzen an diesem Standort.
Herr Jeske, seit anderthalb Jahren sind nun schon MAN Diesel (Augsburg) und MAN Turbo (Oberhausen) fusioniert, der Firmensitz von MAN Diesel & Turbo ist seitdem Augsburg. Ist Oberhausen nun nur noch ein Werk von vielen und in seiner Bedeutung gesunken?
Hans-O. Jeske: Nein, unser Unternehmen besteht ja aus vier verschiedenen Sektoren: Die Marine, die Kraftwerke, der Service nach dem Verkauf und die Turbomaschinen. Und für diese sitzt die Zentrale nach wie vor in Oberhausen, dort ist mein Hauptstützpunkt.
Wo sehen Sie Stärken und Schwächen des Oberhausener Werkes?
Jeske: Jeder unserer Standorte hat eine klare Aufgabe, die vor zehn Jahren vorgenommene Einteilung hat sich sehr bewährt. Unser Oberhausener Betrieb hat weltweit verkaufbare, qualitativ hochwertige Kompressoren und Turbinen zu bauen und das gelingt sehr gut. Wir haben am Standort einen großen Servicebereich für Wartung, Ersatzteilversorgung und Reparaturen aufgebaut – für gut 15 Millionen Euro. Zudem investieren wir im Moment in die Erweiterung der Prüfstände für Turbinen. Daran sieht man: Der Standort Oberhausen ist für uns sehr wichtig.
Kritiker von ausländischen Investments befürchten, wenn MAN Diesel & Turbo nun soviel Geld in China in seine erste Turbinen-Produktionsstätte außerhalb Europas investiert, dann gefährdet dies Arbeitsplätze bei uns.
Jeske: Tatsache ist, dass jeder Euro durch China hereingeholter Auftragseingang vier Euro Auftragsvolumen in Europa erzeugt. Denn auch unser Standort Changzhou hat ja nur eine bestimmte Produktbreite – und die restlichen nötigen Teile werden aus Europa zugeliefert. Wir müssen schließlich insgesamt mehr Umsatz erzeugen. Es gibt Untersuchungen, die beweisen, dass diejenigen dabei zu den Gewinnern gehören, die sich rechtzeitig in den jeweiligen Absatzmärkten vor Ort engagiert haben – und nicht die anderen. Wir müssen lokal vor Ort präsent sein.
Gibt es Überlegungen, nach dem chinesischen Investment weitere Fabriken in Schwellenländern mit starkem Wachstum wie Indien oder Brasilien zu bauen?
Jeske: Wir bemerken zunehmend, dass sich leider weltweit wieder eine gewisse Wirtschaftsabschottung ausbreitet. So schreibt die brasilianische Regierung ihren Lieferanten vor, einen steigenden Anteil ihrer Produkte mit inländischen Akteuren herzustellen. Deshalb kommen wir um eine lokale Präsenz dort nicht herum. Wir haben dort schon eine Wartungs- und Servicezentrale, aber wir machen uns auch Gedanken über einen Neubau. Die starken Wachstumsländer sind für uns als Investitionsgüter-Hersteller entscheidend. Ohne eine vor Ort erzeugte Wertschöpfung wird unser Geschäft kaum noch möglich sein.
Sie haben in den letzten Jahren recht viele neue Arbeitsplätze in Oberhausen geschaffen – die Mitarbeiterzahl stieg von 1500 auf über 1800. Hält dieser Trend an?
Jeske: Was wir immer bedauern ist, dass eine solch hervorragende Arbeitsplatzbilanz von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und gewürdigt wird. Wir haben ja sogar in der Rezession weiter eingestellt, sind hervorragend aus dem größten Konjunktureinbruch der Nachkriegszeit herausgekommen. Durch unseren hohen Auftragsbestand konnten wir fast ohne Kurzarbeit auskommen. Das ist eine herausragende Leistung unseres Unternehmens. Wir werden dies fortsetzen und in naher Zukunft weitere neue Mitarbeiter für spezielle Fachbereiche einstellen. Denn wir sind sehr gut ausgelastet, wir fahren sehr viele Überstunden und beschäftigen externes Personal.
Wie beurteilen Sie denn die momentane Wirtschaftskraft des Oberhausener Werkes?
Jeske: Oberhausen ist der größte Turbomaschinen-Standort, er ist gut positioniert – und Turbo hat auch durch die Korrekturen in der Energiepolitik weiterhin ein großes Umsatzpotenzial. Das Oberhausener Werk ist unersetzlich für uns. Wir können Stolz sein auf das, was wir erreicht haben – und das müsste uns allen Selbstbewusstsein geben: Nicht nur unserem Standort in Oberhausen, nicht nur MAN selbst, sondern der deutschen Industrie insgesamt.