Oberhausen. . In Oberhausen beschweren sich Anwohner und Kunden über Saufgelage an Haltestellen - mit mäßigem Erfolg. Ein Problem, auch über die Stadtgrenzen hinaus: Die Wartehäuschen sind öffentlicher Raum, der Aufenthalt dort ist für jeden erlaubt.
Wer mit dem Bus fahren will, muss dafür ein Ticket kaufen. Doch hat der Fahrgast mit dem Schein auch für den Sitzplatz an der Haltestelle bezahlt? An dieser Frage ist in Alstaden ein Streit entbrannt, den Ordnungsamt, Stoag und Caritas nach drei Jahren nun gemeinsam beilegen wollen. Die Aussichten sind schlecht, denn ein Recht aufs Sitzen hat der Fahrgast nicht.
Alkoholverbot im Wohnheim
Der Streit dreht sich nur vordergründig um die Haltestelle „Rehmer“ - es geht um zahlreiche Plätze in Oberhausen, an denen unterschiedliche soziale Gruppen aufeinandertreffen. Das Wartehäuschen der Stoag steht direkt an der Bebelstraße, zwischen einem Lebensmittelgeschäft und einer Bude, an der es für 60 Cent eine Flasche Bier zu kaufen gibt.
Die meisten Kunden dieses Kiosks kommen vom gegenüberliegenden Carl-Sonnenschein-Haus, in dem die Caritas sozial benachteiligten Frauen und Männern ein Zuhause gibt. Viele von ihnen haben ein Alkoholproblem. Weil sie im Wohnheim aber nichts trinken dürfen - dort herrscht Alkoholverbot - treffen sie sich im Stoag-Häuschen mit bis zu sechs anderen, zum Teil obdachlosen Männern.
Gleiches Recht für alle?
„Sie trinken Bier, pinkeln an Hauswände, übergeben sich und lassen einen gar nicht mehr ins Wartehäuschen“, sagt eine Anwohnerin, die anonym bleiben will. Sie habe sich schon häufig öffentlich beschwert, deshalb hätten ihr die Männer sogar schon Schläge angedroht. „Wir Senioren zahlen monatlich 65 Euro fürs Bärenticket, da kann sich die Stoag doch darum kümmern, dass wir uns an der Haltestelle hinsetzen können.“
Das können die Verkehrsbetriebe nur beschränkt. Denn obwohl Haltestellen für wartende Menschen gedacht sind, darf man sich völlig rechtens auch ohne Fahrabsicht stundenlang in dem Häuschen aufhalten. „Haltestellen sind Teil des öffentlichen Raums“, sagt Stoag-Sprecherin Sabine Müller. Es dürfe sich jeder dorthin setzen - ob Fahrgast oder nicht, ob mit Bier oder ohne, solange er friedlich bleibt.
An der Haltestelle herrsche Leben
Der Mann, der sein Fahrrad gegen die Glaswand der Haltestelle gelehnt hat und nun eine Flasche Pils leert, kommt jeden Tag zur „Rehmer“-Haltestelle. Er wohnt im Carl-Sonnenschein-Haus, gehöre aber nicht zu der Gruppe, die die Alstadener verärgern. „Die verwüstet die Haltestelle richtig, das wirft ein schlechtes Licht auf uns“, sagt er. Ihm verbieten zu wollen, an der Haltestelle zu sitzen, findet er aber nicht richtig. „Ich fahr ja gleich wieder und störe keinen.“
„An der Haltestelle herrscht Leben, daran wollen unsere Bewohner teilnehmen“, sagt Ralf Böddingmeier, Leiter des Carl-Sonnenschein-Hauses. Jeden Tag würden seine Mitarbeiter die Haltestelle kontrollieren. „Wir sprechen mit den Männern, auch mit denen, die nicht bei uns wohnen, und versuchen Einfluss zu nehmen.“
Platzverweise sind nur kurzfristig
Das Alkoholverbot im Haus wolle er entschärfen, damit Bewohner künftig nicht mehr an der Haltestelle trinken: „Wir überlegen, geringprozentigen Alkohol in kleinen Mengen zu erlauben.“
Weitere Ideen zur Lösung der Situation will die Stoag nun mit Böddingmeier und dem Ordnungsamt erarbeiten. Städtische Mitarbeiter kontrollieren die Haltestelle bereits fast täglich. Amtsleiter Horst Ohletz begrüßt die Kooperation: „Da die Personengruppe wechselt, sind Platzverweise nur kurzfristig. Nur gemeinsam kann man so ein Problem langfristig lösen.“