Oberhausen. . Die Gewerkschaft Verdi wirft s.Oliver einen ungeheuerlichen Umgang mit seinen Angestellten vor. Zumindest in der Filiale im Centro unterstützen sechs ehemalige Mitarbeiterinnen dies und berichten von Mobbing sowie vielen unbezahlten Überstunden.

Das Modeunternehmen s.Oliver sei ein Kandidat für die „Goldene Nase“, die jedes Jahr vom Deutschen Gewerkschaftsbund, Kirchen und Sozialverbänden an Unternehmen verliehen wird, die Arbeitnehmerrechte mit Füßen treten, so Günter Wolf, Sekretär der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft.

„Es ist erbärmlich, wie die Kultur des Einzelhandels abbricht.“ Die viel zitierten amerikanischen Arbeitsverhältnisse seien „längst überschritten“, ist der stellvertretende Verdi-Bezirksgeschäftsführer überzeugt. Die Beschwerden gegen die s.Oliver-Filialen im Centro hätten sich gehäuft. Sechs Frauen im Alter zwischen 26 und 47 Jahren, die dort beschäftigt sind oder waren, ihre Namen jedoch nicht nennen möchten, untermauerten die Vorwürfe gegen das Modeunternehmen. Was sie erzählen, klingt so, wie Reinhold Werthmann, Personaldirektor von s.Oliver reagiert: „ungeheuerlich“. Er streitet alle Anschuldigungen ab und betont, dass es unfair sei, mit Aussagen einer kleinen Gruppe die Zufriedenheit von 7500 Mitarbeitern des Unternehmens zu bewerten. Dennoch verspricht er, sich mit den Oberhausener Filialen in Verbindung zu setzen.

Mobbingvorwürfe

Vorwurf eins: Anweisung zum Mobbing. „Sehen Sie zu, dass Frau XY kündigt, dass Sie ihr das Leben schwer machen“, sei sie angewiesen worden, sagt die ehemalige Store-Managerin (39). Kurz vor Ende ihrer halbjährigen Probezeit habe man ihr gekündigt, kurz nachdem man ihr alles Gute fürs Jahr 2011 gewünscht habe. Auch habe man ihr vorgeworfen, sich in der Freizeit mit einer Aushilfe unterhalten zu haben. „Du bist zu freundlich, du musst die Mitarbeiter mehr unter Druck setzen“, habe auch sie häufig zu hören bekommen, ergänzt die 26-jährige ehemalige Kollegin, die als Gestalterin für visuelles Marketing arbeitete. „Für Menschen mit Herz ist dort kein Platz“. Auch sie sei gemobbt worden. „Dann sind sie plötzlich zu langsam, zu unorganisiert.“

„Unvorstellbar, das ist nicht unsere Politik“, reagiert der s.Oliver-Personaldirektor.

Unerreichbare Umsatzziele

Vorwurf zwei: Unerreichbare Umsatzziele werden für die Mitarbeiter festgelegt. „Da werden Listen ausgehängt und diejenigen angemarkert, die ihr Soll nicht erfüllt haben“, wirft die 46-jährige Verkäuferin dem Unternehmen vor.

„Dummes Zeug“, reagiert der Personaldirektor. „Es gibt keine Umsatzvorgabe für Einzelne, offen gemacht wird nur der Gesamtumsatz der Filiale.“

Unbezahlte Überstunden

Vorwurf drei: Überstunden werden nicht bezahlt. „Wenn sie 50 Überstunden gemacht haben, fangen Sie wieder von vorne an. Es steht ja im Vertrag, dass ihr Gehalt Überstunden einschließt“, so die ehemalige Store-Managerin. „Überstunden werden mit Freizeit abgegolten“, kontert der Personaldirektor.

Angst etwas gegen Missstände zu sagen

Vorwurf vier: Wer den Mund aufmacht, wird bestraft. „Als ich sagte, was mir nicht passt, wurde ich an den Eingang versetzt und hatte außerdem die Aufgabe, Größen rauszusuchen. So konnte ich aber meine Bringschuld nicht erfüllen. Dann hat man mir nach 13 Jahren den Aufhebungsvertrag angeboten. Als ich den nicht unterschreiben wollte, musste ich vermehrt Spätschichten machen.“ Weil es unerträglich wurde, habe sie sich eine neue Arbeit gesucht und gefunden. „Ich habe jetzt einen befristeten Vertrag, dafür aber macht die Arbeit wieder Spaß.“

Vorwurf fünf: Betriebsrat unerwünscht. „Alle sagen: tolle Idee. Aber mitmachen will aus Angst keiner.“

Der Personalchef verweist auf das betriebsinterne „For-Us“-Gremium („Für Uns“).