Oberhausen. Erstmalig verleiht ein Oberhausener Kuratorium einen „Anti-Preis für besonders dreiste Arbeitgeber”. Der erste Empfänger ist Anton Schlecker, Chef der gleichnamigen Drogeriemarktkette. Dort, so die Begründung, herrschten Lohndumping und gezielte Misswirtschaft.
Schicker, größer, kundenfreundlicher sollen die neuen XL-Märkte der Drogeriekette Schlecker sein. Tarifflucht und Lohndumping sieht Verdi hingegen als Hauptgrund für das Konzept. Erstmals hat deshalb ein Oberhausener Kuratorium aus DGB-Gewerkschaften, Kirchen und Attac die „Goldene Nase” verliehen – an Anton Schlecker. Dieser „Anti-Preis für besonders dreiste Arbeitgeber oder Dienststellen” soll jährlich vergeben werden.
Bei Schlecker werden der Gewerkschaft Verdi zufolge die Mitarbeiter der alten Filialen entlassen und dann zum Teil zu deutlich schlechteren Konditionen in den neuen Märkten wieder angestellt, so Gewerkschaftssekretär Günter Wolf. Auch in Oberhausen könnte bald ein XL-Markt entstehen. Mitarbeiter berichteten, dass Pachtverträge von Filialen auslaufen und nicht verlängert werden. Gleichzeitig soll Schlecker in Sterkrade auf der Suche nach einer Fläche für einen XL-Markt sein.
Im Bezirk Oberhausen, wozu Teile von Mülheim und Duisburg gehören, gibt es 34 Schlecker-Filialen. Betriebsrätin Ulli Ottensbacher mutmaßt, dass die alten Filialen gezielt heruntergewirtschaftet werden, damit sie hoch gesteckte Umsatzvorgaben nicht schaffen: „Wenn es Angebote gibt oder besonders beliebte Produkte, bekommen wir die vom Lager nur wenig bis gar nicht geliefert.” Mit dieser Strategie könne man die Filialen dann leicht schließen. Zudem dürften seit Januar keine Überstunden mehr gemacht werden oder nur zu einem geringeren Stundensatz. Ottensbacher: „Die wollen uns loswerden.” Zwölf der etwa 130 Mitarbeiter im Bezirk seien bereits entlassen worden, die meisten von ihnen klagen.
Etwa 30 Schlecker-Beschäftigte aus Oberhausen, Hamm, Unna und Lünen fuhren am Mittwoch in Begleitung von Wolf und Pfarrer Andreas Loos zum Schlecker-Regionalbüro nach Dortmund, um die „Goldene Nase” zu verleihen. Angenommen wurde der Preis natürlich nicht. Man hätte sich „regelrecht versteckt”, berichtete Wolf. Bei Protestaktionen wollen Verdi und der Schlecker-Betriebsrat es aller Voraussicht nach nicht belassen. Man sei „überaus kampfbereit”, so Wolf.
Bei Schlecker selbst war am Mittwoch niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Lohndumping mit Tarifen aus „Gefälligkeit”
„Ein nicht angreifbarer Trick” sorgt laut Verdi-Gewerkschaftssekretär Günter Wolf dafür, dass Schlecker in den neuen XL-Märkten Löhne von etwa 6,50 Euro statt der bisherigen 12,93 Euro pro Stunde zahlen kann. Schlecker schließe alte Filialen, das Personal werde dann teilweise in den neuen Märkten angestellt, allerdings ohne Mitbestimmung und regulären Tarif.
Die Zeitarbeitsfirma Meniar stelle die Leute befristet und meist als Geringfügige ein und verleihe sie an die neuen Märkte, mit niedrigeren Löhnen, einer Arbeitszeit von 42 statt 37,5 Stunden und einem Urlaub von nur vier Wochen. Dafür sorgten christliche Gewerkschaften mit einem „Gefälligkeitstarifvertrag”. Ein solches Vorgehen habe schon bei den Briefzustellern funktioniert. „Schlecker verdient sich auf die Art und Weise eine goldene Nase auf Kosten der Arbeitnehmer”, betont Goldene-Nase-Juror Klaus Waschulowski.