Oberhausen. . Er war gerade einmal 19 Jahre alt, als Bernd Imbuschs Nieren versagten. Inzwischen ist er seit gut 36 Jahren Patient des Nierenzentrums am Johanniter Krankenhaus in Oberhausen-Sterkrade. An die ständige Dialyse hat sich der 55-Jährige gewöhnt.

Bernd Imbusch liegt in seinem Klinikbett. Noch drei Stunden. Dann hat er es geschafft. Der 55-Jährige hat die Anfänge der Dialyse in Oberhausen fast hautnah miterlebt. Er ist seit gut 36 Jahren Patient des Nierenzentrums am Johanniter Krankenhaus in Sterkrade.

Erst gut drei Jahre zuvor war das Zentrum eröffnet worden. Für Bernd Imbusch ein Zufall, der ihm das Leben retten sollte. „Ich arbeitete als Kaufmann im Eisenwarenhandel“, erzählt Imbusch. Eine schwere Erkältung nahm er nicht ernst, schleppte sich nach zwei Tagen zur Arbeit. Doch irgendwann ging gar nichts mehr. „Schließlich lag ich doch wieder zu Hause im Bett.“

Regelmäßige Dialyse

Als er plötzlich vom Bauchnabel abwärts nichts mehr spürte, alarmierte er den Hausarzt. Der reagierte sofort. „Innerhalb einer Stunde hing ich zum ersten Mal am Dialysegerät“, so Imbusch. 19 Jahre alt war er damals. „Ich wusste gar nicht, wie mir geschah.“ Seine Nieren arbeiteten kaum noch. „Mein Blut war total vergiftet - nur ein Tag später und ich wäre tot gewesen.“

Als der Chefarzt ihm mitteilte, er müsse jetzt regelmäßig zur Dialyse, hoffte Imbusch noch auf einen vorübergehenden Zustand. „Doch der Arzt wusste, dass es zu spät war, denn er sprach schon bald über eine Transplantation - ich war ja noch so jung.“

"Warten auf ein ausgereiftes Verfahren"

Transplantationen seien vor rund 40 Jahren zwar bereits in Essen durchgeführt worden. „Doch die lagen damit noch in den Anfängen“, erinnert sich Imbusch. So seien ihm auf der Dialysestation häufig Menschen begegnet, die eine neue Niere bekommen hatten und nach zwei bis acht Wochen dann doch wieder zur Blutwäsche mussten. „Ich beschloss abzuwarten, bis das Verfahren ausgereift ist“, so Imbusch.

Zu Beginn seiner Erkrankung verbrachte er zweimal wöchentlich acht Stunden auf der Dialysestation, später dreimal wöchentlich sechs Stunden. „Heute sind es dreimal wöchentlich vier Stunden.“ Damit lasse es sich leben, meint Imbusch. 20 Jahre lang blieb er voll berufstätig. Acht Jahre führte er die Dialyse zu Hause durch. „Aber das wurde im Laufe der Zeit zu einer zu großen Belastung.“ Das Nadelsetzen, die gründliche Reinigung des Gerätes im Anschluss: „Da bestand mein Leben fast nur noch aus Arbeit und Dialyse.“

Wechsel ins Nierenzentrum Oberhausen

Also wechselte Bernd Imbusch ins Oberhausener Nierenzentrum. „Da lege ich mich ein bisschen ins Bett, gucke Fernsehen und schon ist die Zeit vorbei.“ Imbusch hat diese Prozedur ohne große Worte in sein Leben integriert. „Geht halt nicht anders“, sagt er schlicht. Doch bestimmen lassen wollte er sein Leben davon nicht.

Jahrelang war er Mitglied im Kegelclub, machte alle Ausflüge mit. Einmal in der Woche ist Doppelkopf-Abend mit alten Freunden. Im Garten hilft ein Kollege. „Der mäht den Rasen, alles andere mache ich selbst.“

Dialyse auf dem Schiff

Reiselustig ist Imbusch, kommt gerade von einer 14-tägigen Tour durch Bremen. „Das ist heute alles kein Problem mehr“, freut sich der 55-Jährige. Vier Schiffsreisen in die Karibik habe er auch schon gemacht. „Die hatten eine Dialyse an Bord - das klappte wunderbar, kann ich allen Nierenkranken nur empfehlen!“ Und weil eigentlich alles immer ganz gut lief, ließ Imbusch eines Tages den Gedanken an eine Transplantation fallen.

Nachdenklich wird der 55-Jährige nur bei einem Thema: Nein, Kinder habe er keine. Verheiratet sei er auch nicht. Eine Lebensgefährtin habe er mal gehabt, acht Jahre lang, aber dann habe man sich getrennt. „Die Dialyse, wissen Sie ...“

Blutwäsche mit künstlicher Niere

Bis Ende der 60er Jahre hinein bedeutete ein Nierenversagen noch den sicheren Tod. „Die technischen Probleme der künstlichen Niere waren zwar gelöst“, erläutert Chefarzt Dr. Rafael Schäfers (Klinik für Nephrologie, Johanniter Krankenhaus). Doch es gab einen extremen Mangel an Behandlungsplätzen.

Am 4. Februar 1971 wird am Johanniter Krankenhaus Sterkrade die erste Blutwäsche (Hämodialyse) mit der künstlichen Niere bei einer jungen Patientin durchgeführt. Die Frau war vom Essener Uniklinikum zur Weiterbehandlung nach Sterkrade überwiesen worden. „Damit gehörte das Johanniter Krankenhaus zu den ersten Krankenhäusern des Ruhrgebietes, in denen dieses lebensrettende Verfahren angeboten werden konnte“, sagt Schäfers stolz.

Nur ein Jahr später waren am Johanniter Krankenhaus bereits mehr als 1000 Dialysen durchgeführt worden. „Das zeigt, wie groß die Not der Menschen im Ruhrgebiet damals war“, so Schäfers.

Zahlreiche Folge- und Begleiterkrankungen

2010 wurden im Nierenzentrum Oberhausen (des Evangelischen und Johanniter Klinikum Niederrhein und des Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation) mehr als 13 000 Dialysen für Patienten aus Oberhausen, Duisburg und Dinslaken durchgeführt. Die übliche Dialysedauer liege dabei bei drei- bis viermal wöchentlich für vier bis sechs Stunden. „Je länger, desto besser, denn umso mehr Giftstoffe können entfernt werden“, betont Schäfers.

Der Ersatz der Nierenfunktion ermögliche das Überleben, ziehe aber zahlreiche Folge- und Begleiterkrankungen nach sich. Schäfers: „Ein Jahr an der Dialyse bedeutet zwei Jahre Gefäßalterung.“ Um den Wünschen der Patienten entgegen zu kommen, werde seit zwei Jahren eine Nachtdialyse angeboten. Elf Plätze gebe es dafür. Sechs bis acht Stunden blieben die Patienten an dem Gerät. Folge: „Bessere Blutwerte, weniger Blutdruckmittel, die Leuten fühlen sich fit.“

Bis zu 80 der insgesamt rund 100 im Dialysezentrum behandelten Nierenkranken kämen für eine Transplantation in Frage. Doch leider verstürben viele auf der Warteliste. „Rund 2800 Transplantationen werden in Deutschland jährlich durchgeführt, auf der Liste aber stehen ca. 3600 Wartende.“ Diabetes und Bluthochdruck seien übrigens die Erkrankungen, die am häufigsten ein Nierenversagen nach sich zögen.