Oberhausen. .

Seit Bekanntwerden des Dioxin-Skandals kaufen viele Oberhausener Eier lieber auf dem Wochen- statt im Supermarkt. Bauern ist es wichtig, dass nicht alle in einen Topf geworfen werden - denn es gehe um Existenzen.

„Das ist ja wohl eine bodenlose Frechheit, dass Sie hier stehen und Eier verkaufen“ – solche Sätze hört Helga Wagenknecht mehrmals täglich, seit der Dioxin-Skandal ans Licht kam. Sie steht hinter der Theke des Verkaufsstandes des Geflügelhofs Stenkamp auf dem Wochenmarkt an der Marktstraße.

Das große Stoff-Huhn, dass in der Mitte des Verkaufwagens von Bernd Stenkamp hängt, ist von einem DinA4-Blatt verdeckt: „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ springt dem Kunden ins Auge. Einer davon ist Günter Lange. Der 64-Jährige hat keine Bedenken, in dieser Zeit Eier zu kaufen. „Ich finde jedoch, es ist eine Unverschämtheit, dass die Futtermittelhersteller in das Futter reinmischen können, was sie wollen“, sagt Lange, der früher selbst einmal Hühner hatte. „Schlimm ist, dass da, wo kontrolliert werden sollte, nichts passiert und der kleine Privatmann sich mit Kontrollen rumschlagen und alles ausbaden muss.“

Gutes Gefühl auf dem Wochenmarkt

Doris Otto, die am Eierstand auf dem Wochenmarkt einkauft, hat dabei ein gutes Gefühl: „Im Supermarkt kaufe ich jedoch keine Eier mehr, da weiß man ja gar nicht, wo die überhaupt her kommen.“

Ein wenig verunsichert zeigt sich Hannelore Pörsch. „Eier zu kaufen war so normal. Es ist doch schlimm, was hier gerade passiert. Man weiß gar nicht mehr, was man tun soll. Gerade wenn man Kinder hat, ist es besonders schlimm. Angst, Eier zu essen habe ich jedoch trotzdem nicht. Ich kaufe allerdings auch seit Jahren hier.“

Auch Walter Dettmann kauft weiterhin seine Eier auf dem Wochenmarkt. „Ich bin jetzt 94 Jahre alt und habe schon viel miterlebt. Und ich lebe immer noch“, zwinkert er.

Gelassen sieht auch Paul Pfaff die Sache: „Ich nehme die ganze Dioxin-Geschichte mit Humor, anders geht’s doch fast gar nicht mehr. Man soll nicht rauchen, nicht trinken, jetzt auch keine Eier mehr essen. Halten wir uns einfach dran und uns kann nichts mehr passieren.“

"Nicht alle Landwirte in einen Topf schmeissen!"

Die Stimmung scheint also recht entspannt auf der Seite der Verbraucher. Dass jeder Kunde sich Gedanken macht und wesentlich kritischer sei, merke man jedoch deutlich, findet Bernd Stenkamp. „Wir erklären den Kunden, dass sie unsere Eier bedenkenlos kaufen können. Seit mehr als 25 Jahren füttern wir nur Getreidefutter. Und außerdem: Wären die Eier belastet, wäre ich nicht hier! Viele fragen freundlich nach, da erklärt man natürlich gerne. Richtig ärgerlich ist es nur, wenn einige direkt aggressiv werden. Man sollte nicht alle Landwirte in einen Topf werden, immerhin geht es hier auch um Existenzen“, erzählt Bernd Stenkamp. „Ich habe gelesen, dass man bis zu fünf Eier trotz Dioxin-Belastung täglich essen dürfe. Wenn das stimmt, dann frage ich mich, warum es eine so große Aufregung gibt.“

Essen Sie noch Eier?

Ulrike Bartsch aus Süd: „Ich esse nur Bio-Eier. Darin habe ich Vertrauen.“  Foto: Walter Buchholz
Ulrike Bartsch aus Süd: „Ich esse nur Bio-Eier. Darin habe ich Vertrauen.“ Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
Auf Bio-Produkte würde Klaus Wiersch nicht ausweichen: „Dabei frage ich mich immer, ob auch wirklich drin ist, was draufsteht. Meine Eier kaufe ich beim vertrauensvollen Händler. Die Debatte ist doch jetzt schon fast Mode. Wenn die Werte wirklich bedenklich sind, müsste das dann auch sofort verboten werden.“ Foto: Walter Buchholz
Auf Bio-Produkte würde Klaus Wiersch nicht ausweichen: „Dabei frage ich mich immer, ob auch wirklich drin ist, was draufsteht. Meine Eier kaufe ich beim vertrauensvollen Händler. Die Debatte ist doch jetzt schon fast Mode. Wenn die Werte wirklich bedenklich sind, müsste das dann auch sofort verboten werden.“ Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
„Ich kaufe auch jetzt ganz normal meine Bio-Eier. Fleisch hole ich sogar direkt beim Bauern“, kommentiert Carmen Obi. Foto: Walter Buchholz
„Ich kaufe auch jetzt ganz normal meine Bio-Eier. Fleisch hole ich sogar direkt beim Bauern“, kommentiert Carmen Obi. Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
Für Hermann Welp kommen nur „sichere“ Eier in Frage: „Ich habe selber sechs freilaufende Hühner. Aber auch ich habe meinen Händler gefragt, ob mit dem Futter alles in Ordnung ist. Man ist ja vorsichtig.“ Foto: Walter Buchholz
Für Hermann Welp kommen nur „sichere“ Eier in Frage: „Ich habe selber sechs freilaufende Hühner. Aber auch ich habe meinen Händler gefragt, ob mit dem Futter alles in Ordnung ist. Man ist ja vorsichtig.“ Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
Auch die Holsterhauserin Inken Mapel setzt auf Bio-Eier. Damit fühlt sie sich seit Jahren sicher. Foto: Walter Buchholz
Auch die Holsterhauserin Inken Mapel setzt auf Bio-Eier. Damit fühlt sie sich seit Jahren sicher. Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
Ob Bio-Siegel oder nicht, Theo Hoffmann aus Dellwig lässt auf seine Eier nichts kommen: „Wat se jetzt schon wieder gefunden haben. Das ist mir egal. Ich ess’ immer normale Eier. Das kümmert mich nicht. Aber wir haben selbst zur Hochzeit des BSE-Skandals Rindfleisch gegessen.“ Foto: Walter Buchholz
Ob Bio-Siegel oder nicht, Theo Hoffmann aus Dellwig lässt auf seine Eier nichts kommen: „Wat se jetzt schon wieder gefunden haben. Das ist mir egal. Ich ess’ immer normale Eier. Das kümmert mich nicht. Aber wir haben selbst zur Hochzeit des BSE-Skandals Rindfleisch gegessen.“ Foto: Walter Buchholz © WAZ FotoPool
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Karl-Wilhelm Kamann, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Ruhrgroßstädte zum Thema: „Das ist eine ernstzunehmende Krise. Viele Betriebe drohen unverschuldet durch die verhängten Sperrungen in eine existenzielle Notlage zu geraten. Festzuhalten ist, dass die Eier, die jetzt in den Handel kommen, unbedenklich sind“, kommentiert er. „Uns Bauern ist es wichtig, qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel zu erzeugen.“

Der Blick in den Supermarkt zeigt eine leere Kiste Bio-Eier. Aller anderen stapeln sich im Regal.