Essen. .
Trotz dioxinbelastetem Futtermittel greifen viele Essener bei Ei und Hühnerfleisch weiter zu. Nur vereinzelt haben die Händler Umsatzeinbrüche zu verzeichnen. Biomärkte gehören zu den Gewinner des Lebensmittelskandals.
Nie wieder Eier essen – oder zumindest für ein paar Wochen? Von wegen. Trotz des Skandals um dioxinbelastetes Hühnerfutter geht der Eierverkauf in Essen nahezu ungebrochen weiter. Nur vereinzelt melden Einzelhändler Verkaufseinbrüche – obwohl Unbedenklichkeitserklärungen am Tresen aushängen. Essen scheint dem Frühstücksei treu zu bleiben, auf jedem Fall dem Bio-Ei. Ob sich der Trend mit fortdauernder Debatte ändert? „Derzeit wissen wir noch nicht, wie sich der Abverkauf im Einzelhandel entwickelt“, sagt Michael Kiwitt, Marktleiter des Frischezentrums Essen. Noch gehen die Bestellungen der Händler für die kommende Woche ein. Kiwitt wartet auf harte Fakten, die gibt es erst am Montag.
Mit Umsatzeinbrüchen rechnet Rolf Budow, Marktleiter der Rewe-Filiale an der Steeler Straße in Huttrop, nicht: „Im Moment merkt man keinen Unterschied zur letzten oder vorletzten Woche. Auch der Gesprächsbedarf ist gering.“ Ähnliches vermeldet die Edeka-Filiale Zurheide. Der kleine Markt verkauft in einer normalen Woche rund 15.000 Eier, gut 60 Prozent davon sind Bio-Eier. Daran hat sich seit Beginn der Dioxindebatte nichts verändert.
„Oft wird weggelassen, dass bisher keine Grenzwerte überschritten wurden“
Debattenfreudig geht es dagegen in Biomärkten zu, wo zugleich die Verkaufszahlen steigen – sagt Martina Krause, stellvertretende Leiterin von „denn’s Biomarkt“ in Rüttenscheid. Einzig Tristan Haseke, stellvertretender Marktleiter von Edeka Peine, beklagt Umsatzeinbrüche von bis zu 30 Prozent: „Die Kunden sind geschockt. Sie sehen zwar die Aushänge, dass unsere Eier unbedenklich sind. Weil sie sich aber fragen, wo die Eier sind, die in den Nachrichten erwähnt werden, kaufen sie keine mehr.“
Solche Einbrüche gibt es bei Bauer Christoph Ridder nicht. Der Vorsitzende der Ortsbauernschaft besitzt 5000 Hühner und verbringt dieser Tage viel Zeit damit zu wiederholen, dass die drei Essener Legebetriebe frei von belastetem Futter sind. „Man muss aufklären. Oft wird weggelassen, dass bisher keine Grenzwerte überschritten wurden. Da fängt die Debatte schon an.“
Dioxin ist so eine Sache, die Veterinäramtsleiter Wolfgang Lotz gar nicht witzig findet. Nicht in Eier, nicht in Tierkörpern. „Das Dioxin lagert sich nicht nur im Ei ab, gleiches gilt für das Geflügel. Für die Tiere heißt das: Je länger sie das Dioxin aufnehmen, um so mehr kann sich im Körper ablagern. Hinzu kommt, dass Dioxin nur sehr langsam ausgeschieden wird.“ Eine Empfehlung, wie man sich angesichts der Dioxindebatte ernähren soll, gibt Lotz aber nicht. Er rät weder ab vom Sonntags-Ei noch vom Hühnerfilet.
Bio-Produkte nicht
grundsätzlich unbelastet
Essen Sie noch Eier?
„Dabei tue ich mich schwer. Schließlich wissen wir weiterhin nicht, wohin das belastete Futter gelangt ist oder wie stark es belastet war“, so Lotz, „die Untersuchungen laufen alle noch“. Man müsse eine politische Entscheidung abwarten. Ob dann Einzeluntersuchungen von Tierkörpern folgen, bleibe abzuwarten. „Alle Hühner zu untersuchen, ist aber schlicht nicht machbar.“ Anders seien Untersuchungen aber wenig sinnvoll. Das Dioxin lagere sich bei jedem Tier unterschiedlich im Fettgewebe ab. Selbst wenn zwei Tiere dasselbe Futter und dieselbe Futtermenge bekommen, die Testergebnisse können weit auseinander gehen.
Auch Bio-Produkte, ob Ei oder Fleisch, seien keine hundertprozentige Lösung. „Die propagierte Meinung, Bio-Produkte seien weniger belastet, ist so nicht haltbar. Zwar ist die artgerechtere Haltung für die Tiere angenehmer. Werden Tiere aber draußen gehalten, sind sie auch dem ,Fall Out’ ausgesetzt“, erklärt Lotz. Dioxin entsteht schließlich bei Industrie- und Verbrennungsprozessen, über Luft und Abwasser gelangt es in die Umwelt, lagert sich im Schlamm von Flüssen ab und gelangt so auf Weideflächen. Was man aber sagen kann, ist, dass das dioxinverseuchte Futtermittel nicht an Bio-Höfen verfüttert wurde.