Oberhausen. .
"Unsere Aufgabe ist es, Hilfe anzubieten." Im WAZ-Interview schätzt Diplom-Sozialarbeiter Frank Bremkamp die Lage am Kleinen Markt ein. Fazit: Die Sozialleistungsempfänger dort könne man nicht einfach verdrängen - das würde das Problem nur verlagern.
Was haben Sie für einen Zugang zu den Menschen am Kleinen Markt?
Frank Bremkamp: Die meisten von Ihnen sind Sozialleistungsempfänger, haben eine Wohnung. Das sind meist 1,5-Zimmer-Buden, in denen nicht viel Platz ist, um sich mit Bekannten zu treffen. Oft sind die Wohnungen nicht besonders wohnlich und in keinem guten Zustand.
Beim WAZ-Gespräch mit einem Betroffenen ist aber auch herausgekommen: Einige wollen gar nicht zu Hause sitzen und treffen sich lieber draußen.
Bremkamp: Da muss man Ursache und Wirkung unterscheiden. Die wollen nicht den ganzen Tag vor der Glotze sitzen und alleine sein. Den Austausch gibt’s nur draußen.
Wie arbeiten Sie konkret mit der Klientel?
Bremkamp: Wir versuchen Kontakt aufzunehmen, gerne mit einem Meinungsbilder, der Einfluss auf die Gruppe hat. Dann läuft viel über Einzelfallhilfe. Unser Auftrag ist es nicht, die Leute wegzukriegen, sondern Hilfen anzubieten. Wenn sie Bescheide zum Beispiel von der Arge bekommen, gehen wir die mit ihnen durch. Wir schauen auch, dass sie sich um ihre Gesundheit kümmern.
Wissen die Männer und Frauen, die dort stehen, dass viele Leute Angst haben, dort vorbeizugehen?
Bremkamp: Einige wissen das sicherlich. Sie stehen ja auch unter Beobachtung durch das Ordnungsamt und die Polizei. Klar ist nämlich auch: Mit den Leuten reden geht nur bis zu einem gewissen Pegel.
Die Rede ist von einem Raum, der für die Klientel eingerichtet werden soll. Würde dieser denn genutzt?
Bremkamp: Wenn man die Gruppe miteinbezieht, wäre das eine Möglichkeit. Man muss aber auch sehen, dass die Infrastruktur am Kleinen Markt optimal für die Klientel ist: Man kann billiges Bier kaufen, es gibt eine Toilette und bei Regen kann man sich unterstellen. Wenn man sie verdrängt, stehen sie woanders rum und spätestens dort werden sich wieder Nachbarn beschweren.
Muss eine Gesellschaft so eine Situation aushalten?
Bremkamp: Ich bin der Meinung: Ja - solange es nicht aus dem Ruder läuft und Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden. Das sind Anzeichen von Armut, die man in jeder Stadt findet.
Hat die Armut in den vergangenen Jahren zugenommen?
Bremkamp: Ich mach' diesen Job seit 16 Jahren. Im Schnitt betreuen wir zwischen 500 und 600 Personen in unserer Beratungsstelle. Der Zuwachs ist vor allem bei jüngeren Leuten bis ca. 30 Jahren festzustellen.