Oberhausen. .
Gegröle, Hundegekläff und nicht auszuhaltender Gestank: Nun melden sich Anwohner in der Debatte um den Kleinen Markt in Sterkrade zu Wort. Sie fordern ein Alkoholverbot. "Die fangen morgens um 8 Uhr an und ziehen erst nachts wieder ab."
„Schöne Wohnung haben Sie“, sagt der Besuch. Dieses Lob hört die Familie oft – bis die Gäste den Balkon besichtigen und direkt auf den Kleinen Markt blicken. Vor zwei Jahren sind Elisabeth Meyer und ihr Mann Walter ins Zentrum von Sterkrade gezogen, „weil’s so schön praktisch ist und wir die Geschäfte direkt vor der Haustür haben“, erinnern sich die beiden.
Meyer ist nicht ihr richtiger Name. Dass sie den nicht nennen wollen, hat einen Grund: Jeden Tag müssen sie an den Menschen, die am Kleinen Markt ihr Bier trinken, vorbei. Elisabeth Meyer hat Angst. Vom Ordnungsamt und der Politik fühlt sie sich allein gelassen; nicht ernst genommen.
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„Auf die Kirmes hat man uns hingewiesen, als wir uns entschieden haben, herzuziehen. Die ist nur eine Woche, eine Abwechslung und gut zu ertragen“, erklärt die 61-Jährige. Die ständige Lärmbelästigung, das Gegröle, Hundegekläff und der Gestank seien hingegen nicht auszuhalten. „Die fangen morgens um 8 Uhr an und ziehen erst nachts wieder ab.“ Momentan sei es ja noch ruhig, aber im Sommer hocken 30, 40 Personen auf den Bänken. Besonders schlimm sei es, wenn Frauen dabei seien. „Wegen denen gibt’s ja oft den Streit.“
„Es schallt ganz besonders nach oben“
Nachbar Cem Yilmaz (Name ebenfalls geändert) wirft ein: „Wegen der Marktarchitektur schallt das ganz besonders nach oben. Man kann jedes Wort verstehen.“ Er ist Vater von drei Töchtern, die manchmal mit ansehen mussten, wie die Männer in die Ecke pinkeln oder andere anzügliche Posen einnehmen. „Das ist doch unverschämt, da hört’s auf.“
Yilmaz selbst bezeichnet sich als Hitzkopf, scheut sich nicht, herunterzugehen und mit den Männern zu diskutieren. Kampfsport habe er jahrelang gemacht, Angst hat er vor diesen Leuten nicht. Wobei: das WAZ-Gespräch mit einem Betroffenen habe ihn schon berührt – dass er sich von seinen paar Euro eine Schalke-Karte gekauft habe, zum Beispiel. Aber: „Das ist kein Argument. Ich bin auch Hartz-IV-Empfänger und häng’ nicht den ganzen Tag auf der Straße rum.“ Es sei das Verantwortungsgefühl, was ihn unterscheide.
Wunsch nach einem Alkoholverbot
Ans Wegziehen haben sie noch nicht gedacht. „Nach zwei Jahren nochmal von vorne beginnen? Ich finde meine Wohnung schnuckelig, fühle mich wohl.“ Außerdem: Dann solle die Stadt bitteschön den Umzug bezahlen. Eine gute Hausgemeinschaft hätten sie hier an der Kantstraße, mit Türken, Arabern, Kroaten – und ein paar Deutschen. „Wir sind tolerant.“ Ringsherum stehen hingegen immer mehr Appartements leer.
Die Meyers vermuten: „Wenn Oberbürgermeister Wehling oder der Stadtverordnete Janßen hier wohnen würden, dann hätte sich längst etwas getan.“ Als Steuerzahler fühlen sie sich nicht ernst genommen.
Sie haben den Eindruck, dass die Stadt schützend ihre Hand über die Klientel halte. In anderen Städten sei längst ein Alkoholverbot verhängt worden und es werde auch von den Ordnungskräften durchgesetzt. „Herr Janßen und die anderen könnten eine Anwohnerversammlung einberufen und sich unseren Fragen stellen. Aber dazu sind sie wahrscheinlich zu feige“, vermutet Walter Meyer.