Oberhausen. .
Der Stadtrat wird wohl am Montag die Beteiligung der Energieversorgung Oberhausen (EVO) am Kauf von 51 Prozent der Evonik-Kraftwerkssparte Steag genehmigen. EVO-Vorstand Hartmut Gieske spricht von einem „Jahrhundert-Deal“ für Oberhausen.
Strom aus Steinkohle ist derzeit kein gutes Geschäft. Glaubt man Experten wie der örtlichen Bundestagsabgeordneten Bärbel Höhn (Grüne), wird das Geld verdienen mit Kohlekraftwerken zukünftig noch schwieriger. Nichtsdestotrotz wird der Rat dieser Stadt allem Anschein nach am Montag die Beteiligung der EVO am Kauf von 51 Prozent der Evonik-Kraftwerkssparte Steag genehmigen.
614, maximal 680 Millionen Euro will das Stadtwerke-Konsortium aus sieben Unternehmen in sechs Städten für den Erwerb des fünftgrößten deutschen Stromproduzenten zahlen. Die Energieversorgung Oberhausen ist mit sechs Prozent beteiligt, zwischen 36 und 40 Millionen Euro wird demnach ihr Anteil liegen.
Die Konsorten in allen Städten rechnen indes anders, weil nur 30 Prozent des Basis-Kaufpreises von 614 Mio Euro, also rund 184 Mio, aus Eigenkapital fließen sollen. Die restlichen 430 Mio Euro sollen über eine Vorschaltgesellschaft mit Hilfe eines Bankenkonsortiums finanziert werden. Aus dem laufenden Geschäft sollen dann Zinsen und Tilgung für dieses Darlehen bezahlt werden. Die Tranche der EVO beträgt nach dieser Auslegung 11 bis 12 Mio Euro.
„Die Bankenwelt steht gerade“
„Unser Anteil liegt in einer Größenordnung, die nicht über den Investitionen für unser neues Biomassekraftwerk liegt“, sagt entsprechend EVO-Vorstand Hartmut Gieske. Konkrete Zahlen nennt und kommentiert er nie, alle Beteiligten haben sich zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Dafür beteuert Gieske bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass der Steag-Kauf ein „Jahrhundert-Deal“ und für Oberhausen ohne Risiken zu realisieren sei. Es müsste schon „Hinkelsteine regnen“, sollte dabei etwas schief gehen. Und dass am Ende die Stadtkasse belastet werden könnte, sei „völliger Blödsinn“. Es gebe in den Darlehensverträgen keinerlei Rückgriffsrecht auf die Stadtwerke. „Die Bankenwelt steht gerade, dafür zahlen wir entsprechende Risikoaufschläge.“
Auch Zweifel an dem ermittelten Unternehmenswert der Steag lässt Gieske nicht gelten. Die sieben Geschäftsfelder seien mit Hilfe von externen Beratern durchleuchtet worden. „Bei den Kraftwerken haben wir das sogar blockscharf berechnet.“ Das Ergebnis sei ein Wert, der „gravierend anders“ sei als die Kaufpreisvorstellung der Evonik.
Den Kauf der Steag bezeichnet Gieske „als Quantensprung von enormer wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung“, Ziel sei es unabhängiger von fremden Energielieferungen zu werden. Und: „Wir wollen natürlich Geld verdienen.“
Der vor allen Dingen von den Grünen geforderte Umbau der Steag, u.a. mit dem Ausbau des Geschäftsfeldes „Erneuerbare Energien“, könne mit den Gewinnen der Steag finanziert werden. Gieske räumt ein, dass dafür die ausländischen Aktivitäten besonders wichtig sind. Neben den acht zumeist veralteten Kraftwerken in Deutschland betreibt die Steag drei gewinnträchtige Steinkohlekraftwerke in Iskenderun (Türkei), Mindanao (Philippinen) und Paipa (Kolumbien).
Wenn in drei bis fünf Jahren die restlichen 49 Prozent der Steag zum Verkauf anstehen, könnte Gieske zufolge ein Partner für diese Sparte ins Boot geholt werden. Gieske: „Das Auslandsgeschäft ist sicher nicht unsere Kernkompetenz.“
Wann die anderen entscheiden
Sieben Unternehmen bilden das Stadtwerke-Konsortium Rhein-Ruhr, das 51 Prozent der Evonik-Steag kaufen will. Das Angebot des Konsortiums beträgt 614 Millionen Euro. Es könnten nach bereinigtem Jahresabschluss der Steag 2010 aber auch 680 Millionen werden (+10%). Das Angebot orientiert sich an einem Unternehmensgesamtwert von 3,8 Milliarden Euro. Evonik will die restlichen 49 Prozent mittel- bis langfristig verkaufen, am liebsten an das Konsortium mit heute fixiertem Preis.
Beteiligt am Konsortium sind neben EVO (6 %) Stadtwerke aus folgenden Städten:
Dortmund (Beteiligung mit 36%): Hier sind es zwei Gesellschaften, die eingebunden sind – die Holding aller städtischen Gesellschaften und eine Stadttochter. Der Rat entscheidet am 16. Dezember, SPD und CDU sind für den Deal, die FDP dagegen, die Grünen diskutieren noch.
Duisburg (19%): Die Stadtwerke als Konsortialführer haben seit dem Nikolaustag grünes Licht von ihrem Rat. Allein die FDP und zwei grüne Abgeordnete stimmten gegen das Geschäft.
Bochum (18 %): CDU und Grüne melden schwere Bedenken an. Die Grünen stoßen sich besonders an den Aktivitäten der Steag im Bereich Kernenergie (Brennstoffzellenzwischenlager Ahaus und Atom-U-Boot-Verschrottung in Murmansk). Entschieden wird am 16. Dezember.
Essen (15%): Die Essener Stadtwerke erhielten als erste das gewünschte Votum. Der Rat segnete den Kauf bereits am 24. November ab. Die drei Ratsmitglieder der FDP enthielten sich ihrer Stimme.
Dinslaken (6%): Der Rat entscheidet am kommenden Dienstag (14.). Ausgang offen, da die Parteien sich vorab nicht öffentlich äußerten.