Oberhausen. Selbst Großinvestoren halten sich zurück, Wohnungen zu bauen - wegen der hohen Baupreise und Zinsen. Die Kaltmiete müsste 18,50 Euro betragen.

  • Die neuen Bau- und Verkaufszahlen von Immobilien in Oberhausen zeigen: Die Wohnungsnot wird sich verschlimmern - und nicht abnehmen.
  • Im Vergleich zu Großstädten wie Köln, Berlin oder Hamburg ist die Wohnungssituation in Oberhausen zwar entspannter, doch auch hier haben Familien große Schwierigkeiten, bezahlbare Wohnungen in akzeptablem Zustand zu finden
  • Ein Investor, der aktuell mit 4500 Euro Neubaukosten pro Quadratmeter kalkuliert, müsste dann bei vier Prozent Zinsen und ein Prozent Tilgung für eine 100-Quadratmeter-Wohnung 18,50 Euro Kaltmiete nehmen. Dies gilt als unrealistisch, solche Preise in Wohnungsmärkten wie dem Ruhrgebiet durchzusetzen.

Wer auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, kennt das Leid: Das Angebot ist knapp, vor allem an preiswertem Wohnraum. Eine Entspannung zeichnet sich aber offensichtlich nicht ab, wenn man auf die neuen Daten der Statistiker des Landes NRW schaut.

Danach ging die Zahl der Baugenehmigungen während des vergangenen Jahres im Vergleich zu 2022 um insgesamt 26,2 Prozent zurück. In Oberhausen betrug das Minus sogar 32,6 Prozent. NRW-weit errechneten die Fachleute den niedrigsten Wert an genehmigten Ein- und Zweifamilienhäusern seit zehn Jahren. In Oberhausen kamen gerade mal 17 zusammen, im Jahr davor waren es noch 22.

Nur noch halb so viele Wohnungen in Oberhausen genehmigt

Noch viel stärker fällt aber der Einbruch bei der Genehmigung von Mehrfamilienhäusern ins Gewicht. Hier erteilte die Stadt nur noch grünes Licht für zwölf Gebäude gegenüber 21 im Jahr davor. Das macht einen Rückgang von 42 Prozent aus. Das heißt in Folge: Lag die Zahl der genehmigten Wohnungen in 2022 noch bei 354, sank die Summe im vergangenen Jahr auf 174, ein Rückgang von rund 50 Prozent. Offen lassen die Statistiken, ob nach den Genehmigungen auch wirklich Maurer angerückt sind.

Wieso kommt es aber zu einer solchen Entwicklung? Für Jochen Stimberg, Gebietsleiter der Landesbausparkasse (LBS) in Oberhausen und Mülheim, liegen die Ursachen klar auf der Hand. Die Baukosten sind gerade auch 2023 weiter gestiegen, vom Material angefangen bis hin zu den Löhnen. Ebenso kletterten die Bauzinsen rasant in die Höhe. Statt 1,5 Prozent wie noch vor zwei oder drei Jahren sind es inzwischen 3,5 und sogar 4 Prozent. Hinzu kommt noch die Tilgung von einem oder meist auch zwei Prozent. Da liege dann eine monatliche Belastung nicht mehr wie früher im dreistelligen, sondern im unteren vierstelligen Bereich, erklärt Stimberg.

Rückgang auch beim Kauf von Altbauten in Oberhausen

Solche hohen Ausgaben schrecken natürlich nicht nur Privatleute ab, sondern ebenso Bauträger oder Wohnungsgesellschaften. Ein Investor, der aktuell mit 4500 Euro Neubaukosten pro Quadratmeter kalkuliert, müsste dann bei vier Prozent Zinsen und ein Prozent Tilgung für eine 100-Quadratmeter-Wohnung 18,50 Euro Kaltmiete nehmen. Als realistisch gelten unter Fachleuten in einem Markt wie dem Ruhrgebiet allerdings höchstens zehn bis zwölf Euro. Viele Unternehmen warten daher erstmal ab und hoffen, dass die Zinsen in nächster Zeit fallen und auch das Bauen selbst preiswerter wird.

Die veränderte Lage auf den Kapitalmärkten dürfte nach Einschätzung von Stimberg ebenso ausschlaggebend dafür sein, warum der Kauf gebrauchter Immobilien zwischenzeitlich zurückgegangen ist. Der Gutachterausschuss der Stadt Oberhausen war in seinem Bericht über das Jahr 2023 zu dem Ergebnis gekommen, dass fast 200 Gebäude weniger den Besitzer gewechselt haben als im Jahr davor. Der Rückgang betrifft sowohl Eigenheime als auch in einem noch stärkeren Maße Mehrfamilienhäuser. Hier spielt allerdings auch die Unsicherheit unter potenziellen Erwerbern eine gewichtige Rolle, welche energetischen Anforderungen das Objekt demnächst erfüllen muss, heben die Experten hervor. Sie befürchten, dass bei einer umfangreichen Sanierung des Gebäudes die Kosten vollkommen aus dem Ruder laufen könnten.

Heizungsgesetz verunsichert Bauinteressenten stark

Ungewissheit sei ohnehin momentan im Markt spürbar, ergänzt Matthias Marten, Referent der Geschäftsführung von Volksbank Immobilien Rhein Ruhr. Wirtschaftliche und politische Entwicklungen führen dazu, dass viele Menschen aktuell Entscheidungen über größere Investitionen, zu denen der Bau oder der Kauf eines Hauses zweifellos zählen, hinausschieben.

Auch aus Sicht von Marten sind die gestiegenen Baukosten wie die Zinsen ein Hemmschuh. Sorge bereite obendrein auch, welche Auswirkungen der Fachkräftemangel nach sich ziehen kann. Häuslebauer bewegt nämlich die Frage, ob es denn mit dem Bau auch wirklich wie geplant oder gewünscht vonstattengeht. Schließlich sei es auch das Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“), das dem einen oder anderen Bauinteressenten zu schaffen macht, weil er einen höheren Aufwand und zusätzliche Ausgaben befürchtet.

Doch inzwischen scheint sich ein wenig Licht am Ende des Tunnels zu zeigen. Sowohl die LBS als auch die Immobilien-Gesellschaft der Volksbank melden für die ersten Monate in 2024 einen leichten Anstieg an Käufern und Bauinteressenten, wobei die Gründe aber noch nicht eindeutig sind. Ein Moment kann nach Ansicht der Fachleute darin liegen, dass sich die Baukosten nicht noch weiter erhöht haben und auch die Zinsen in etwa gleich geblieben sind. „Die Schockstarre könnte zumindest im privaten Bereich überwunden sein“, sagt Stimberg.

Lesen Sie auch: