Oberhausen. SPD-Bundesvorsitzender Lars Klingbeil nimmt sich zwei Stunden Zeit, um das MAN-Werk in Oberhausen zu erkunden – und muss sich Kritik anhören.
Den Kampf gegen den Klimawandel möchte das Turbinen- und Kompressoren-Werk von MAN Energy Solution in Oberhausen-Sterkrade kräftig voranbringen, die VW-Tochter will dort gerne zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Doch das Unternehmen sieht sich durch die bestehenden Gesetze und Vorschriften ausgebremst. SPD-Bundesparteichef Lars Klingbeil hat auf seiner aktuellen Unternehmenstour Station auch in diesem Oberhausener MAN-Betrieb Station gemacht – und hörte sich aufmerksam die Probleme einer wichtigen Industrieproduktion im Ruhrgebiet an.
Gleich zum Auftakt des über zweistündigen Aufenthaltes stellte der oberste Sozialdemokrat heraus, an was ihm mit seiner Visite besonders gelegen ist: „Ich möchte wissen, wo der Schuh drückt, ich wünsche mir einen offenen Dialog.“
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Chancen mit neuen Geschäftsfeldern
Um dem 45-Jährigen zunächst einmal einen Eindruck vom Standort zu verschaffen, ging Finanzvorstand Jürgen Klöpffer auf die wichtigsten Merkmale des Betriebs ein. Mit Turbinen und Kompressoren hat sich die VW-Tochter einen Namen gemacht, ist weltweit unterwegs. Doch die Märkte wandeln sich, die Grundstoffindustrie als Abnehmer der akkuraten Maschinentechnik reicht nicht mehr aus.
Da das Grundgerüst der Anlagen aber ausgezeichnet für den Einsatz in der Energiewende geeignet ist, „haben wir uns neue Geschäftsfelder erschlossen“, erklärte der Vorstand. Am Standort in Oberhausen entstehen unter anderem industrielle Wärmepumpen oder Kompressoren, die schädliches Kohlendioxid aus Fertigungsprozessen herausfiltern. Allerdings, so die Kritik von Klöpffer, seien solche Verfahren in Deutschland immer noch verboten. Als Beispiel für den geeigneten Einsatz dieser Technik nannte der MAN-Energy-Solutions-Finanzvorstand die Zementindustrie, die weltweit einen Anteil von acht Prozent an Kohlendioxidausstoß hat.
Dagegen darf MAN für ein Vorhaben in Norwegen solche CO2-Abscheidungsanlagen liefern. In Deutschland gebe es sicherlich auch Abnehmer, wenn das CCS (Carbon Capture and Storage, Kohlenstoffabscheidung und -lagerung) erlaubt wäre. Klingbeil macht Hoffnung – und entgegnet, das sich in dieser Frage momentan durchaus Bewegung zeige und er das Thema im Blick behalte.
Sorge um die Zukunft des grünen Wasserstoffs
Weitere Kritik der MAN-Manager: Viel zu eng seien die Richtlinien der Europäischen Union für den grünen Wasserstoff gefasst. Hierzulande könne man ihn kaum herstellen, Importe aus Asien oder anderen Regionen scheitern an den strengen Vorgaben, wie der umweltfreundliche Energieträger erzeugt werden darf. Folglich würden auch keine Investitionen in Anlagen fließen. Klingbeil antwortete vorsichtig: Auf keinen Fall dürfe Deutschland in Sachen Wasserstoff das Nachsehen haben.
Wenn in diesen Bereichen solche Gesetzeshürden für Unternehmer fallen würden, ließe sich die Zahl der in Oberhausen produzierten Maschinen durchaus steigern, zeigte sich Klöpffer überzeugt. Derzeit fertige das Werk rund 100 Maschinen pro Jahr in unterschiedlichen Varianten.
Der SPD-Chef beteuerte bei seinem Besuch, wie sehr die Industrie seiner Partei am Herzen liege. Die Schaffung von Industriearbeitsplätzen müsse jedenfalls gestärkt werden. Überraschend äußerte Klingbeil dabei Kritik an der Politik der SPD in den vergangenen Jahren. In der SPD habe die Industrie nicht immer ausreichend Beachtung gefunden, müsse nun aber in den Mittelpunkt gerückt werden. Zudem handele es sich mit MAN Energy Solution um ein Unternehmen, das Innovation und moderne Technologie weiter voranbringe.
Betriebsratschef Zabit Cumcu, der während seiner Ansprache die ganze Zeit das SPD-Parteibuch in der Hand hielt, nahm den Ball auf. Früher habe er immer wieder gehört, dass die sozialdemokratische Partei für Arbeitsplätze einstehe. Diese Aufgabe komme ihr immer noch zu. Dies sieht Klingbeil genauso und versprach: „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz.“
Unternehmen will eigentlich neue Stellen schaffen
Ihm sei bekannt, dass das Werk „schwierige Zeiten hinter sich hat“, gab der SPD-Chef zu verstehen. Der Stellenabbau sei aber weitestgehend abgeschlossen, betonte Vorstand Klöpffer. Vielmehr wolle man neue Jobs schaffen, suche zunächst dazu aber Ingenieure und stehe in engem Kontakt mit den Hochschulen im Ruhrgebiet sowie der RWTH Aachen. Um wie viele Stellen - auch gerade in der Produktion - der Standort aufgestockt werden kann, hänge ganz entscheidend vom Auftragseingang ab.
Außen vor blieb bei dem Besuch die Frage nach der Zukunft des relativ kleine Gasturbinengeschäftes von MAN Energy Solutions, das ein chinesisches Unternehmen übernehmen will. Derzeit prüft das Bundeswirtschaftsministerium den Fall. Auf Nachfrage der Redaktion wollte sich Klingbeil zu dem Vorgang nicht äußern. Die Entscheidung treffe am Ende schließlich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
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