Oberhausen. Kurios: Ein Oberhausener und seine Nichte streiten darüber, wer sich um das Grab von Schwester und Mutter kümmern darf. Was die Stadt dazu sagt.
Wer ist zuständig für die Pflege eines Grabes? Der oder die nächste Angehörige? Oder derjenige, dem die Stadt das Nutzungsrecht für die Ruhestätte übertragen hat? In einem Fall auf dem Westfriedhof in Lirich sind diese beiden Personen, Onkel und Nichte, darüber in Streit geraten. Bis vors Amtsgericht ging es für die Hinterbliebenen einer verstorbenen Oberhausenerin. Dort ließen sie sich zwar auf einen Vergleich ein – die Sachlage bleibt jedoch kurios und zumindest auf dem Papier noch ungeklärt.
Vor 15 Jahren starb die Schwester unseres Lesers, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er habe sie sehr lieb gehabt, erzählt der 64-Jährige, sie sei nach dem Tod der Eltern das „Familienoberhaupt“ gewesen. Zunächst habe es keinerlei Probleme rund um Bestattung und Grabpflege gegeben. „Das hat der Mann meiner Schwester gemacht.“ Zusammen mit seiner Ehefrau habe er häufig das Reihengrab besucht und ein Licht aufgestellt. Bis auch sein Schwager vor etwa sieben Jahren starb – und dessen Tochter die Grabpflege übernahm. Da habe der Ärger begonnen.
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„Es ist einfach alles am Verkommen“, sagt der Liricher. „Meine Schwester würde sich im Grab umdrehen.“ Von Anfang an habe seine Nichte sich nicht ausreichend um das Grab gekümmert. „Sie wollte immer eine Stein-Umrandung machen“, erinnert er sich an ihre Pläne nach dem Tod des Vaters. Aber daraus sei nichts geworden und auch sonst habe sie kaum einen Finger gerührt. Immer wieder habe er als Onkel, der bisher immer ein gutes Verhältnis zu der jungen Frau hatte, an sie appelliert. „Wenn ich angerufen habe, war sie schon total genervt und hat gesagt: ,Du schon wieder?’“
Das ungepflegte Grab seiner Schwester ließ ihm keine Ruhe
Zwei Jahre lang sei es hin- und hergegangen. Er habe nachgebohrt, sie habe neue Versprechungen gemacht – und passiert sei nichts. Als er sich dann bei der Friedhofsverwaltung erkundigte, sei ihm dort angeboten worden, das Nutzungsrecht zu übernehmen. Das Dokument liegt unserer Redaktion vor. „Wir haben dann eine wunderschöne Hecke gepflanzt“, erzählt der Senior. Mit viel Geld und Liebe hätten er und seine Frau die Grabstätte wieder hergerichtet. Dabei betont er: „Ich will meiner Nichte nichts. Ob Hecke oder Steine ist mir egal. Darum geht es nicht. Hauptsache, es sieht ordentlich aus.“ Immer wieder sei er von Bekannten auf das ungepflegte Grab angesprochen worden. Das sei ihm peinlich gewesen und habe ihm keine Ruhe gelassen.
Das Problem: Die Nichte war ganz und gar nicht einverstanden mit dem Werk ihres Onkels. Sie empfand es als Einmischung und zeigte ihn an. Auf dringendes Anraten des Gerichts – damit es nicht noch länger dauert und noch teurer wird für ihn – ließ er sich auf einen Vergleich ein. „Der Beklagte unterlässt ab sofort die Grabpflege an dem Grab der Verstorbenen“, heißt es darin. Eigentlich eine klare Sache. „Aber ich habe doch das Grabnutzungsrecht von der Stadt“, sagt der 64-Jährige, den das Verfahren 1000 Euro gekostet hat. „Das ist doch verrückt.“
Wer kann das Grab pflegen? Die rechtliche Lage ist kompliziert
„Der Erbe ist für die Grabpflege zuständig“, erklärt die Anwältin des Beklagten auf unsere Nachfrage. „Es sei denn, es wurde anders verfügt.“ Dagegen ließe sich nichts tun. Dass ihr Mandant dennoch ein Papier besitzt, welches ihm das Nutzungsrecht bescheinigt, sei zwar „widersinnig“, letztendlich jedoch nicht bedeutsam. Ihr Rat an ihn: „Wenn die Friedhofsverwaltung kommt und sagt, er soll sich kümmern, weil ein Grabstein wackelt oder so, dann soll er auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs verweisen, das dies klar regelt.“ Der Fehler, meint sie, liege bei der Stadt. Die hätte ihm das Nutzungsrecht nicht ausstellen dürfen, ohne zuvor zu klären, ob noch nähere Angehörige zur Verfügung stehen.
Und was sagt die Stadt dazu? Man scheint etwas ratlos zu sein bei den Servicebetrieben Oberhausen (SBO), die für die Friedhöfe zuständig sind. Die Antwort auf unsere Nachfrage lässt auf sich warten. Dann heißt es, dass es einen solchen Fall zuvor noch nicht gegeben habe. Die rechtliche Lage scheint kompliziert zu sein, es ist die Rede nicht nur von einem Grabnutzungsrecht, sondern auch von einem Totenfürsorgerecht. Dieses schließe die Gestaltung eines Grabes ein – es sei jedoch nicht klar geregelt, wer es erhält. Die SBO zumindest habe weder ein Interesse daran noch sei sie in der Lage dazu, solche erbrechtlichen Fragen zu klären. Zudem bestehe aktuell auch kein Handlungsbedarf, da sich das Grab in einem ausreichend gepflegten Zustand befinde.
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