Oberhausen. Die Hoffnung von Bürgern, mit deutlich sinkenden Energiepreisen rechnen zu können, teilt der neue Manager der Energieversorgung Oberhausen nicht.
Bürgerinnen und Bürger müssen sich auch in den nächsten Jahren für sehr lange Zeit darauf einstellen, dass die Preise für Strom und Gas hoch bleiben.
Der neue Energiemanager der halb städtischen, halb dem EON-Konzern gehörenden Energieversorgung Oberhausen (EVO), Timm Dolezych, kann der unter hohen Energiepreisen leidenden Bevölkerung kaum Hoffnung machen. „Gas ist immer noch der bestimmende Faktor bei den Strompreisen – und Gas wird nicht mehr so günstig werden wie früher. Denn es wird immer teurer sein, Gas in Australien auf Schiffe zu verladen, hierhin zu verfrachten und an LNG-Terminals abzuladen, als Gas aus dem Zapfhahn einer Pipeline zu entnehmen“, sagt der 47-jährige Diplom-Ökonom im ausführlichen Interview mit der Redaktion.
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Dolezych hat Anfang Januar den langjährigen kaufmännischen EVO-Vorstand Hartmut Gieske abgelöst, der in den Ruhestand ging. Zuvor war der gebürtige Herner bei den Energiekonzernen RWE und Süwag Energie (Frankfurt) beschäftigt, leitete ab 2017 den Netzbetreiber Syna GmbH.
Einkaufspreise an den Börsen für Energie immer noch drei Mal so hoch wie Mitte 2021
In den vergangenen zwei Jahren hat die EVO mehrmals die Gas- und Strompreise angehoben, dennoch ist nicht zu erwarten, dass die EVO-Kunden in den nächsten Monaten deutlich entlastet werden – obwohl die Börsenpreise stark gefallen sind. „Die Preise an den Börsen lagen zwar zeitweise 18-Mal über dem langjährigen Durchschnitt, aber wir sehen immer noch Einkaufspreise, die drei Mal so hoch sind wie Mitte 2021“, stellt der zweifache Familienvater fest. „Wir schauen wöchentlich auf die Beschaffungsseite und prüfen, ob wir unsere Preise reduzieren können. Unsere Preise sind immer noch absolut wettbewerbsfähig. Denn im vergangenen Jahr haben wir aus sozialen Gründen nicht alle Verteuerungen an unsere Kunden weitergegeben: Das war nur möglich, weil unsere Anteilseigner, die Stadt und die Westenergie (EON), auf einen Teil der Gewinnausschüttung verzichtet haben.“
Allerdings haben nach Ermittlungen des Preisvergleichsportals Verivox bereits 200 Grundversorger ihre Gas- oder Stromtarife gesenkt. EVO-Vorstand Dolezych glaubt nicht, dass sein Unternehmen ähnlich handeln kann. „Grundversorger, die jetzt die Preise senken, haben von ihren Kunden bis jetzt meist deutlich höhere Preise für Strom und Gas berechnet als die EVO. Über 80 Prozent von ihnen nehmen auch nach den genannten Preissenkungen immer noch Preise, die über den Werten der Strom- und Gaspreisbremse des Bundes liegen“, stellt der Energie-Manager fest. „Wir sind in der Grundversorgung bei Strom mit 40,8 Cent je Kilowattstunde nur knapp über der Strompreisbremse von 40 Cent. Wir haben also gar nicht das Potenzial, unsere Preise kräftig zu senken, weil wir zuvor unsere Tarife gar nicht in dem großen Maße wie andere Konkurrenten erhöht haben.“
Niedrigere Börsenpreise kommen bei EVO-Kunden erst später an
Dass die Preise für EVO-Kunden nicht so schnell fallen, liegt aber auch an der vorsichtigen Einkaufspolitik des örtlichen Marktführers. Um genug Gas und Strom zu haben, müssen die Einkäufer des Unternehmens mit Fingerspitzengefühl auch dann Energie an den Börsen in den Phasen einkaufen, wenn dort Höchstpreise notiert sind. „Die Preise an den Börsen sind zwar gesunken, aber das schlägt sich nicht sofort auf die Preise für unsere Kunden nieder. Denn um die Versorgungssicherheit mit Gas und Strom zu garantieren, kaufen wir die benötigten Energiemengen über einen längeren Zeitraum anteilig ein – und errechnen dadurch am Ende einen Durchschnittspreis. Die Preissenkungen an den Börsen spüren unsere Kunden somit zeitversetzt.“ Zu bedenken sei auch, dass die Preise an den Börsen immer noch deutlich über dem Vorkriegs-Niveau liegen.
Lesen SIe hier das komplette Wortlaut-Interview mit EVO-Vorstand Timm Dolezych: https://www.waz.de/staedte/oberhausen/oberhausen-schulausschuss-rekordverdaechtig-schnell-zu-ende-id238560503.html