Oberhausen. Die Wärmewende mit dem Aus für Öl- und Gasheizungen kommt Hauseigentümer deutlich teurer als viele ahnen. Eine neue Kostenkalkulation zeigt das.
Wilhelm Hausmann ist nicht nur seit 2003 Kreisvorsitzender der Oberhausener CDU und früherer NRW-Landtagsabgeordneter, sondern auch erfahrener Architekt und Diplom-Ingenieur, der die Baubranche mit einem eigenen Architektur-Büro seit Jahrzehnten begleitet. Und so erhält der 52-jährige Fachmann mit seinen vielen Kontakten nach eigenen Angaben täglich Mails von Hauseigentümern, die mit panischem Unterton fragen: „Was soll ich nur tun?“
Aufgeschreckt wurden viele Ein- und Zweifamilienhaus-Besitzer durch den Entwurf des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) der Ampelkoalition, der im Sommer in Kraft treten soll. Danach dürfen Hauseigentümer bei einem Totalausfall ihrer alten Öl- und Gasheizung ab 2024 in der Regel keinen neuen Brenner mit fossilem Energieverbrauch einbauen, sondern müssen mindestens 65 Prozent ihres Warmwasser- und Heizbedarfs mit regenerativen Energien erzeugen. Das ist heute praktisch nur mit Strom betriebenen Luft-Wärmepumpen und mit Fernwärme erreichbar, die als regenerativ eingestuft werden. Nach Darstellung des Wirtschaftsministeriums stammt Strom jetzt nur zur Hälfte aus erneuerbaren Quellen, soll aber bis 2035 vollständig regenerativ erzeugt sein.
Mittelstands-CDU rechnet mit erheblichen Wertverlusten von Wohnhäusern
Die Folgen dieses Gesetzentwurfes bewertet Hausmann gerade in Städten wie Oberhausen, in denen sehr viele Menschen mit geringer Kaufkraft leben, als äußerst negativ. „Der Staat greift hier erheblich in die Eigentumsrechte von Hausbesitzern ein, das halte ich für verfassungsrechtlich nicht haltbar. Denn was viele bisher nicht sehen: Dieses Gebäudeenergiegesetz sorgt für einen erheblichen Wertverlust vieler Immobilien, die noch mit Gas und Öl beheizt werden – gerade auch in Randbereichen von Städten“, analysiert Hausmann, der auch Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung Ruhr ist. Tatsächlich sind Käufer und Erben von älteren Immobilien per Gesetz gezwungen, den erworbenen Altbau energetisch auf den neuesten Stand zu bringen – innerhalb von zwei Jahren sind danach im Prinzip alte Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen oder Fernwärme zu ersetzen. Das drückt den Preis von alten unsanierten Häusern.
Die Sanierungskosten können sehr hoch ausfallen. „Mit dem Kauf einer Wärmepumpe zu derzeitigen Preisen zwischen 20.000 und 40.000 Euro ist es meist nicht getan. Wärmepumpen arbeiten dann effektiv, wenn man keine hohen Vorlauftemperaturen für die Heizung benötigt. Das ist nur in sanierten, gut gedämmten Altbauten möglich.“ Für die meisten Häuser in Oberhausen seien die Wärmepumpen deshalb nicht ideal, sonst müsste man zu viel Geld für Strom bezahlen. „Eine energetische Sanierung ist meist nötig, bei der man Dach, Fassade und Keller dämmen, die Fenster austauschen und Lüftungsanlagen einbauen muss – man ist dann schnell bei 150.000 bis 200.000 Euro Sanierungskosten pro Ein- und Zweifamilienhaus.“
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Als grobe Faustregel setzt der Architekt Sanierungskosten von 1100 Euro bis 1300 Euro je Quadratmeter Wohnfläche in Altbauten an. Danach würde eine 80-Quadratmeter-Wohnung einen Aufwand von 100.000 Euro bedeuten. „Bei einem Kredit zu heutigen Konditionen von vier Prozent mit einer Tilgung von drei Prozent im Jahr verteuert sich die Wohnung so um 580 Euro monatlich. Wer soll das bezahlen?“ Die staatliche Förderung für die Sanierung von Altbauten sei längst nicht ausreichend. „Die heute älteren Generationen haben ihre Haus gekauft, um einen sorgenfreien Ruhestand ohne Mietzahlungen zu haben – und jetzt müssen sie ihr Haus quasi noch einmal kaufen. Wenn sie überhaupt im Alter einen Kredit bekommen.“
Oberhausener CDU befürchtet leer stehende Wohnungen in unsanierten Häusern
Nach den Förderrichtlinien des Bundes werden zwar Wärmepumpen in diesem Jahr bei Austausch einer Ölheizung mit 40 Prozent bezuschusst, der Rest der Maßnahmen allerdings nur zu etwa 20 Prozent. Die Bundes-CDU hat deshalb bereits höhere Heizungstausch-Zuschüsse verlangt. Die Ampelkoalition will die bestehende Förderung ausbauen – und soziale Faktoren als Voraussetzung einbauen, etwa Einkommen und Vermögen von Hauseigentümern.
Hausmann jedenfalls glaubt, dass Hauseigentümer in Städten mit niedrigem Immobilienpreis- und Mietniveau wie in Oberhausen auf teure Sanierungen verzichten, die man wirtschaftlich durch Mieten oder Verkaufspreise von Immobilien nicht mehr hereinholen kann. „Wir sind bei Neubauten schon bei 13,50 Euro Kaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche. Das kann sich hier kaum noch jemand leisten.“ Die Erhöhungsmöglichkeiten von Mieten in Altbauten nach Modernisierungen sind begrenzt. „Schon jetzt lassen Eigentümer in Alt-Oberhausen Mehrfamilienhäuser lieber leer stehen, anstatt diese zu sanieren. Die Wärmewende wird mit dieser Politik nicht klappen.“
Das würde die CDU machen im Kampf gegen den Klimawandel
Doch was würde Hausmann im Kampf gegen den Klimawandel tun, da doch Gebäude in Deutschland für 30 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich sind? Der Christdemokrat schlägt vor, die Hauseigentümer nicht mit Vorschriften zu überziehen, sondern über die CO2-Steuer den Gas- und Heizölpreis stärker zu verteuern, um Lenkungseffekte zu erzielen. „Dann würden sich auch kleinere, billigere Maßnahmen am Haus sofort rechnen, der Bund setzt zu sehr auf Verbote und 100-prozentige Sanierungen.“
Zweitens würde er sechs Kernkraftwerke weiter laufen lassen – insgesamt könnte man so fünf Braunkohlekraftwerke ersetzen und 70 Millionen Tonnen CO2 sparen. „Das bringt mehr als die Hauseigentümer zur Wärmewende zu zwingen und dann dreckigen Strom dafür aus Kohlekraftwerken zu liefern.“ Und drittens würde Hausmann viele teure Auflagen für den Wohnungsbau und -umbau streichen. „Wir setzen heute für die statische Sicherheit zigmal so viel Stahl ein wie in den 90er Jahren – das ist unnötig und dies hilft sofort, Kohlendioxid zu vermeiden.“
Und was rät er Hauseigentümern, die in ihren Einfamilienhäusern wohnen? „Wenn man nicht weiß, was man genau tun soll: in der jetzigen unsicheren Phase lieber abwarten und nichts tun.“